Ein Festakt für die Vergessenen
Auf Schloss Fachsenfeld standen die Jenischen im Fokus – Buchvorstellung, Arbeiterweg und Armensuppe
- Für den welligen Schlosspark dürften sie damals wenig Beachtung gefunden haben beim Löffeln der Armensuppe. Es ging darum, nicht zu Verhungern und mit harter Arbeit und allen Entbehrungen einigermaßen über die Runden zu kommen. Die Jenischen, die „Häußlersleut“in der Fachsenfelder „Kolonie“Pfannenstiel (Himmlingsweiler), haben einen festen Platz in der Dorfgeschichte. Jetzt sind sie dank der Projektgruppe „Fachsenfelder Heimatgeschichte“aus dem Schatten der Geschichte getreten. Am Sonntagvormittag war jetzt auch die Übergabe des Buchs von Eberhardt Looser „Jenisch diebra“(wir berichteten). Gekommen war eine stattliche und illustre Gästeschar.
Auch im Wasseralfinger Bergwerk verdingten sich die Jenischen. Deshalb zog eine etwa 120-köpfige Wandergruppe um 9.30 Uhr los vom Attenhofener Woellwarthstein auf dem alten „Arbeitsweg“gen Fachsenfeld, wo sie im Schlosspark schon erwartet wurden. Vom Wintereinbruch drei Tage zuvor war nichts mehr zu sehen.
Roland Schurig erinnert an Schicksal der Jenischen
Aber Roland Schurig (Kultur- und Tourismusamt) erinnerte bei der Gelegenheit an das „Hungerjahr 1817“, an die Missernten 1816, mit ausgelöst durch die weltweite Aschewolke eines Vulkanausbruchs ein Jahr zuvor auf Indonesien. Genau solche Katastrophen, erinnerte Schurig, führten zu Elend, Auswanderungswellen und „großen Problemen“und verursachten „Flüchtlinge im eigenen Land.“Der alte Weg der Arbeiter von Attehofen nach Fachsenfeld soll künftig noch deutlicher gekennzeichnet werden, sagte Schurig.
Die intensive Recherche über die fremden Arbeiter, die ab 1750 im heutigen Himmlingsweiler siedelten, machte Eberhardt Looser. 40 Fachsenfelder unterstützten diese Arbeit an dem Buch, mit Quellen, Fotos, Plänen, Stammbäumen und Erinnerungen. Für Ortsvorsteher Jürgen Opferkuch ist dieses engagierte Bürgerprojekt „Geschichtsschreibung von unten“, es gehe nicht um Höfisches, Grafen, Könige. Sondern um bettelarme Menschen, die auch eine ganz deutliche Herabwürdigung erlebten.
Die Arbeit an dem 140 Seiten starken Buch war nicht einfach, erzählt Looser, die „Quellenlage war sehr dünn“–„wer schreibt schon was über die Armen“? Sein Anliegen sei es gewesen, zusammen mit den Unterstützern „Fachsenfelder Heimatgeschichte ehrlich aufzuschreiben“. Diese Arbeit an einem traurigen Fachsenfelder Kapitel ist indes nicht vorbei. So soll laut Looser beispielsweise ein professionelles Archiv angelegt werden.
Vor dem Fachsenfelder Tag mit dem offenen Schlosspark gab’s mit Opferkuch als Dirigent dann vom Männergesangsverein das „Amerika-Lied“, das „Pfannenflickerlied“und „Unser Heimatdorf“. Die Ode an Fachsenfeld als „schönster Ort der Welt“stammt von Freiherr Reinhard von Koenig (Text), die Musik von Opferkuchs Schwiegervater Karl Sturm aus dem Jahr 1976.
Nach dem kleineren Festakt gab es dann aus Rücksicht für die Gäste die „Armensuppe“nicht nach dem Originalrezept gekocht, also mit Innereien und Schlachtabfällen. Sondern als gut mundende „Suppe nach Graf Rumford“mit Schweinebauch, Zwiebeln, Lauch, Graupen und Kartoffeln.