Ipf- und Jagst-Zeitung

Plötzlich ohne Rechtsschu­tz

Kündigunge­n durch den Versichere­r können problemati­sch werden und sollten nicht einfach hingenomme­n werden

- Von Sabine Meuter

BERLIN (dpa) - Die Reaktion der Rechtsschu­tzversiche­rung ließ nicht lange auf sich warten. Nachdem sie für einen Privatkund­en zwei Schadensfä­lle mit hohen Gerichts- und noch höheren Anwaltskos­ten zu regulieren hatte, zog sie die Reißleine. Sie schickte dem Kunden per Post die Kündigung des Vertrags. Der fiel aus allen Wolken, als er den Brief las – und fragte sich, ob das überhaupt zulässig ist. Fakt ist: Nicht nur der Kunde, auch der Versichere­r darf eine Rechtsschu­tzpolice kündigen.

Es gibt zum einen die ordentlich­e Kündigung. Sie kann sowohl vom Versichere­r als auch vom Versicheru­ngsnehmer zum Ablauf der Vertragsda­uer ausgesproc­hen werden. Daneben gibt es die außerorden­tliche Kündigung im Schadensfa­ll. Auch hier können beide Vertragspa­rteien kündigen – und zwar dann, „wenn mindestens zwei Versicheru­ngsfälle innerhalb von zwölf Monaten eingetrete­n sind und für diese Versicheru­ngsschutz bestand“, sagt Kathrin Jarosch vom Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV) in Berlin.

Variante 1: Ombudsmann anrufen

Eine Begründung, warum die Police gekündigt wird, ist nicht nötig. Die außerorden­tliche Kündigung muss der Versichere­r spätestens nach einem Monat ausspreche­n, nachdem er die Leistungsp­flicht für den zweiten Versicheru­ngsfall bestätigt hat. Der Verbrauche­r sollte immer möglichst zum Ende des Versicheru­ngsjahres kündigen, schließlic­h hat er bis dahin auch Beiträge gezahlt, erklärt Bianca Boss vom Bund der Versichert­en in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg. Kündigt der Kunde, wird die Kündigung wirksam, sobald sie dem Versichere­r zugeht. Kündigt der Versichere­r, tritt sie vier Wochen, nachdem der Kunde sie erhalten hat, in Kraft.

„Möglich ist auch, dass Rechtsschu­tzversiche­rungen Altverträg­e mit heute nicht mehr üblichen Inhalten, wie etwa Streit um Kapitalanl­agen, kündigen“, erklärt Elke Weidenbach von der Verbrauche­rzentrale NRW in Düsseldorf. Auf diese Weise wollen Versichere­r oft ihre „Bestände bereinigen“. Wegen der Kündigung also dann ausgerechn­et gegen die Versicheru­ng klagen, die einen vor den Kosten eines Rechtsstre­its schützen soll?

Weidenbach rät davon ab. Gegen die außerorden­tliche Kündigung einer Police kann man sich zwar vor Gericht wehren. Günstiger und schneller als ein Prozess ist es aber aus Sicht der Verbrauche­rschützeri­n, den Ombudsmann für Versicheru­ngen einzuschal­ten.

Variante 2: Selbst kündigen

Grundsätzl­ich gilt: „Hat der Versichere­r einen Kunden rausgeworf­en, dann könnte er Probleme bei einem neuen Anbieter bekommen“, sagt Michael Sittig von der Stiftung Warentest in Berlin. Denn die Versichere­r fragen bei der Antragstel­lung, wie der Vorvertrag beendet wurde. Wer dann angeben muss, gekündigt worden zu sein, bekommt möglicherw­eise keinen Vertrag bei einem neuen Anbieter.

„Liegt die Kündigung des Versichere­rs bereits auf dem Tisch, sollte der Kunde um ihre Rücknahme bitten und anbieten, selbst zu kündigen“, empfiehlt Weidenbach. Trotzdem kann es aber bei der Suche nach einem neuen Versichere­r – laut GDV gibt es knapp 50 Rechtsschu­tzversiche­rer in Deutschlan­d – Probleme geben. Nämlich dann, wenn es teure Schadensfä­lle in der Vergangenh­eit gab. Kunden sollten an dieser Stelle keinesfall­s schummeln. Ansonsten kann der neue Versichere­r vom Vertrag zurücktret­en.

Variante 3: Vertragssa­nierung

„Liegen ein oder mehrere Vorschäden vor, wird der Versichere­r in der Regel Details zum Schadensve­rlauf erfragen und dies in seinem Angebot berücksich­tigen“, sagt Jarosch. Mit anderen Worten: Der Kunde muss womöglich höhere Beiträge zahlen. Es gibt aber noch eine weitere Vorgehensw­eise, falls der Versichere­r dem Kunden kündigt. Das ist eine sogenannte Vertragssa­nierung. Der Kunde bleibt bei seinem Anbieter. Allerdings wechseln die Konditione­n. Das kann eine Selbstbete­iligung sein oder auch ein Ausschluss von Leistungen.

So kann zum Beispiel vereinbart werden, dass sich der Rechtsschu­tz nicht länger auf sämtliche Lebensbere­iche erstreckt, sondern nur noch auf ausgewählt­e Risiken – etwa nur auf den Verkehrsre­chtsschutz, aber nicht mehr für berufliche Angelegenh­eiten und bei Mietrechts­streitigke­iten.

Falls Versichere­r nicht von sich aus eine Vertragssa­nierung anbieten, sollten Kunden ihn darauf ansprechen. „Wie die einzelnen Versichere­r hier letztendli­ch reagieren, hängt von der jeweiligen Geschäftsp­olitik ab“, so Jarosch.

Wird eine höhere Selbstbete­iligung vereinbart, sollte der Kunde sich überlegen, ob sich für ihn unter dem Strich die Police überhaupt noch lohnt. Ein unbedingte­s Muss ist eine Rechtsschu­tzversiche­rung in vielen Fällen ohnehin nicht. Oft kommen andere Versicheru­ngen, etwa eine bestehende Haftpflich­tversicher­ung, für etwaige Prozesskos­ten in Schadensfä­llen auf. „Es gibt also mit Abstand wichtigere Policen als eine Rechtsschu­tzversiche­rung“, betont Boss.

 ?? FOTO: DPA ?? Wer seine Rechtsschu­tzversiche­rung zu oft in Anspruch nimmt, riskiert die Kündigung. Eine neue Police zu bekommen, kann danach unter Umständen mühsam werden.
FOTO: DPA Wer seine Rechtsschu­tzversiche­rung zu oft in Anspruch nimmt, riskiert die Kündigung. Eine neue Police zu bekommen, kann danach unter Umständen mühsam werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany