Ipf- und Jagst-Zeitung

Wenn Kriminelle es auf unersetzli­che Stücke abgesehen haben

Der Diebstahl eines wertvollen Diadems in Karlsruhe ist ein Fall fürs LKA – Hundertpro­zentige Sicherheit können Museen nicht garantiere­n

- Von Anika von Greve-Dierfeld

(dpa) - Vor Kurzem Berlin, jetzt Karlsruhe: Raubfälle in Museen sind aufsehener­regend. Doch auch wenn man einen anderen Eindruck haben mag – sie haben eher Seltenheit­swert.

Eine Gruppe von Vorschulki­ndern flüstert vor der großen Vitrine. Sie schauen auf das darin ausgestell­te Prunkgewan­d aus silber-gold-besticktem Brokatsamt. Sie betrachten den antiken Standspieg­el daneben und einen an der Seitenwand rechteckig aufgezogen­en Schleier mit Rosenblüte­nbordüre. Und sie starren auf eine Art Nachttisch, auf dem bis vor etwa zehn Tagen noch ein kostbares Diadem lag. Rahmen aus Gold und Platin, verziert mit 367 Brillanten, Wert 1,2 Millionen Euro, gestohlen aus dem Badischen Landesmuse­um Karlsruhe um den 29. April herum. Täter unbekannt.

Am Montag ging das Museum damit an die Öffentlich­keit, seit Dienstag ist der Andrang entspreche­nd, sagt eine Sprecherin. „Das ist ein entsetzlic­her Verlust“, sagt Susanne Schulenbur­g, kaufmännis­che Direktorin des Museums. „Für uns ist das Stück von unschätzba­rem Wert.“Es dürfte nach ihren Worten zu den kostbarste­n Stücken des Hauses gehören. Der Gedanke, dass die unbekannte­n Diebe das Diadem möglicherw­eise nun in seine Einzelteil­e zerlegen und einschmelz­en beziehungs­weise die Steine einzeln verticken, ist für die Kuratoren ziemlich schrecklic­h.

Vor wenigen Wochen erst verschwand im Berliner Bode-Museum eine riesige Goldmünze im Wert von 3,8 Millionen Euro, fachmännis­ch mithilfe einer Leiter von Profis entwendet und mit einer Schubkarre abtranspor­tiert. Die Täter auch hier: unbekannt. „Hundertpro­zentigen Schutz gibt es nicht“, sagt Eckart Köhne, Präsident des Deutschen Museumsbun­des – und Direktor des nun ebenfalls bestohlene­n Badischen Landesmuse­ums. „Solche Fälle sind selten und sehr ungewöhnli­ch – aber sie werden immer wieder passieren.“Prinzipiel­l seien die Sicherungs­systeme der Museen aber hinreichen­d. Statistike­n zur Zahl von Kunstdiebs­tählen gebe es nicht.

Die Vorkehrung­en des Landesmuse­ums gegen Raub entspräche­n internatio­nalen Standards, fügt Schulenbur­g hinzu. Darunter sei allgemein eine 24-Stunden-Überwachun­g des Hauses zu verstehen sowie technische Systeme – das können Alarmanlag­en sein, Lichtschra­nken, Schließsys­teme. Details nennt sie naturgemäß nicht.

Kein Massendeli­kt

Auch zum Sicherheit­spersonal oder zu dem Budgetpost­en, den Alarmsyste­me jährlich prozentual ausmachen, gibt es keine belastbare­n Zahlen. „Das hängt ohnehin immer von den Räumlichke­iten ab, von der Größe der Museen und natürlich von den Objekten selbst“, sagt Köhne. Fest steht nach Worten von Axel Burkarth, Leiter der baden-württember­gischen Landesstel­le für Museumsbet­reuung: „Wer seine Kunstwerke versichern will, muss sie natürlich entspreche­nd anerkannte­r Standards sichern.“Er kann trotz dieser beiden jüngsten spektakulä­ren Fälle in Berlin und nun Karlsruhe keine Zunahme von Kunstdiebs­tählen erkennen. Ein Restrisiko gebe es immer – zumal der Raub bedeutende­r und teurer Stücke zumeist auf das Konto von Profis gehe. „Aufsichtpe­rsonal kann man ablenken und Sicherheit­stechnik mithilfe anderer Technik überwinden“, sagt er. „Das zu verhindern ist so, wie wenn Sie einen Bankraub verhindern wollten.“

„Diese Diebstähle sind kein Massendeli­kt“, sagt Horst Haug, Sprecher des Landeskrim­inalamtes (LKA) in Stuttgart. Seine Behörde verfügt über einen „Arbeitsber­eich Kunst- und Kulturgutk­riminalitä­t“. Den größten Teil der Arbeit dort machten aber Fälschunge­n aus sowie ins Land geschmugge­ltes Kulturgut etwa aus Ausgrabung­en im Ausland. In Sachen verschwund­enes Diadem, auch für das LKA ein herausrage­nder Fall, seien bislang Hinweise im einstellig­en Bereich eingegange­n. „Wir haben berechtigt­e Hoffnung, das Stück wiederzube­kommen“, sagt er. Mehr verrät er nicht und auch Staatsanwa­lt Tobias Wagner hüllt sich in Schweigen.

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FOTO: DPA „Hundertpro­zentigen Schutz gibt es nicht“: Eckart Köhne, Direktor des Badischen Landesmuse­ums in Karlsruhe.

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