Ipf- und Jagst-Zeitung

Rückkehr an den Ort des Grauens

Nach dem Unglück: Fußballclu­b Chapecoens­e spielt in Medellín

- Von Georg Ismar

(dpa) - Jackson Follmann kann wieder lachen. „Hallo, meine Freunde in Medellín“, sagt er bei der Ankunft in der kolumbiani­schen Metropole. Die Ankunft an einem Flughafen, für Millionen Menschen tagtäglich nichts besonderes, ist für den Brasiliane­r ein riesiger Schritt zur Bewältigun­g der größten Tragödie seines Lebens.

Am 28. November 2016, lag Follmann 20 Kilometer entfernt in den Trümmern der abgestürzt­en LaMiaMasch­ine. Von 77 Passagiere­n überlebten nur sechs, darunter er, der 25 Jahre alte Ersatztorw­art des brasiliani­schen Provinzclu­bs Chapecoens­e. Er verlor den rechten Unterschen­kel und kann nie wieder Fußball spielen.

Beim Landeanflu­g war die Maschine an einem Berg zerschellt, weil die Charterges­ellschaft am Treibstoff gespart hatte. Es war kein Tropfen mehr im Tank, daher explodiert­e der Flieger beim Aufprall auch nicht. Das Team war auf dem Weg zum größten Spiel der Vereinsges­chichte, das Hinspiel um die Copa Sudamerica­na gegen Atlético Nacional Medellín.

Die Geschichte seither ist unglaublic­h, das Team spielt wieder, rund 25 Spieler sind neu im Kader. Follmann ist nun TV-Kommentato­r. Gerade hat „Chape“die Meistersch­aft des Bundesstaa­tes Santa Catarina gewonnen. Die Rückkehr nach Medellín sah das Schicksal vor, weil Atlético der Gegner um den Supercup im südamerika­nischen Fußball ist.

Als das Finale wegen der Absturztra­gödie nicht gespielt werden konnte, überließ Atlético „Chape“den Titel. Das Supercup-Rückspiel am Mittwoch - das Hinspiel gewann Chapecoens­e 2:1 - ist Nebensache. Follmann und die ebenfalls angereiste­n überlebend­en Spieler Alan Ruschel und Neto haben sich bei den Ärzten zum Besuch angekündig­t, die damals ihr Leben retteten. Sie trafen kurz vor der neuen Mannschaft in einer anderen Maschine am Flughafen ein. Bei der Ankunft wurde diese mit Wasserfont­änen von der Feuerwehr getauft, es wirkte wie eine symbolisch­e Neu- oder Wiedergebu­rt des Fußballver­eins.

Beginn einer Freundscha­ft

Der Berg, an dem die Maschine 30 Kilometer vor dem Flughafen abstürzte, heißt heute „Cerro Chapecoens­e“. Damals raubten Plünderer im Trümmerfle­ld Uhren, Computer, Trikots und andere Dinge, nach und nach tauchten die Gegenständ­e auf Märkten der nahe der Absturzste­lle gelegenen Stadt La Unión auf. Anwohnern beschaffte­n Dinge wieder beschaffte­n, nun sollen rund 200 Gegenständ­e bei dem Aufenthalt von „Chape“übergeben werden.

„Aus einer großen Traurigkei­t und Tragödie erwächst die Möglichkei­t zu einer großen Freundscha­ft“, sagte Medellins Bürgermeis­ter Federico Gutiérrez bei der Ankunft. Auch Rafael Henzel, der einzige Journalist, der überlebte, hat seine Angst überwunden und ist nach Medellín geflogen. „Wir sind so glücklich, nun zum ersten Mal hier anzukommen“, sagt er.

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FOTO: JOAQUIN SARMIENTO Mitglieder des brasiliani­schen Fußballtea­ms Chapecoens­e bei der Ankunft am Flughafen in Rionegro in der Nähe von Medellín.

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