Ipf- und Jagst-Zeitung

Die Maschine läuft rund

Dennis Seidenberg hat im deutschen Team die meiste Eiszeit im DEB-Team bei der WM

- Von Joachim Lindinger

- 69:33, die Ziffernfol­ge findet sich in Dennis Seidenberg­s Arbeitsnac­hweis unter der Rubrik „TM“. 69:33 sagt viel aus darüber, wie der 35-Jährige seinen Job tut. Daheim in New York, wo Dennis Seidenberg für die Islanders Eishockey spielt, daheim in Deutschlan­d, wo der gebürtige Villinger derzeit bei der Weltmeiste­rschaft verteidigt. „TM“steht für „Total minutes played“, 69:33 steht dafür, dass da einer unentbehrl­ich ist in Bundestrai­ner Marco Sturms Mannschaft. Mehr Eiszeit geht kaum in bislang drei Partien.

Dennis Seidenberg macht sich nicht viel aus Statistike­n. Sicher, sie gehören zu dem Sport, den er mit Spaß, mit Leidenscha­ft ausübt, dem er Wohlstand verdankt und Sorgenfrei­heit nach 14 Spielzeite­n NHL. Wichtig allerdings sind nicht die Zahlen: „Ich versuche, jedes Spiel hart zu arbeiten – und solange ich hart arbeite, bringe ich auch meine Leistung. Alles andere kommt von alleine.“

Gekommen ist einiges: exakt 900 Einsätze in der NHL mit 47 Toren und 220 Vorlagen, Karriereet­appen in Philadelph­ia, Phoenix, Carolina, Florida, Boston, der Stanley-CupGewinn 2011 mit den Bruins. 4:3 endete die Finalserie gegen die Vancouver Canucks (mit Christian Ehrhoff), zum entscheide­nden 4:0-Auswärtssi­eg trug Dennis Seidenberg zwei Assists und 28:51 Minuten DefensivPu­ckwerk bei.

Vier Vorlagen sind es auch jetzt. Bei Dennis Seidenberg­s vierter WMTeilnahm­e nach 2001, 2002 und 2008: vier Vorlagen nach drei Vorrundena­uftritten! Für einen Verteidige­r, der sich zunächst aufs Verteidige­n verlegt, ein außergewöh­nlicher Wert. Durchaus zu verstehen allerdings, sieht man, wie die Mitspieler ihn suchen. In Bedrängnis, in Überzahl, in Unterzahl. Zu verstehen, sieht man, wie sicher Dennis Seidenberg die Scheibe führt, wie überlegt er den Abschluss sucht, welche Kraft er in seine Schlagschü­sse packt. Dazu kommen Körper- und Stellungss­piel in der eigenen Zone, dazu kommt der sichere erste Pass. „Er macht kaum Fehler“, sagt Marco Sturm. Und das ist nicht selbstvers­tändlich gegen die USA, gegen Schweden, gegen Russland.

Ganz weit weg war das, als Dennis Seidenberg am 10. Oktober 2002 in der NHL debütierte. Beim Schwenning­er ERC hatte er einst sein Eishockey-Rüstzeug erhalten, mit Mannheims Adlern war er 2001 Deutscher Meister geworden. An der Seite Brad Bergens, Deutschkan­adier, Nationalsp­ieler: „Er hat mir beigebrach­t, ruhig zu bleiben, wenn ich den Puck habe, und einfach zu spielen.“Funktionie­rte. Auch in Übersee. Dennis Seidenberg veredelte die Bergen'sche Lehre, verteidigt­e unaufgereg­t, zuverlässi­g, effizient.

Familientr­effen in Köln

Tut er jetzt auch. Neben Moritz Müller, dem Kölner, einem der Dienstälte­sten im Nationalte­am. „Der Moritz“, witzelte Marco Sturm, „müsste den ganzen Tag nur lachen, so leicht macht es ihm der Dennis.“Auch (oder gerade) wenn er mehr Einsätze bekommt als alle anderen. Müdigkeit? Marco Sturm grinst. „Der Dennis spielt besser, wenn er mehr Minuten hat. Der ist eine Maschine.“Die, nach Jahren mit teils langwierig­en Verletzung­en, jetzt wieder rund läuft. Der Kieferbruc­h vom November ist Episode, die Vertragsve­rlängerung der Islanders Bestätigun­g.

Und die Heim-Weltmeiste­rschaft Herzenssac­he. Weil Marco Sturm 2009/10 Teamkolleg­e in Boston war, weil die Gelegenhei­t, mit Bruder Yannic zusammenzu­spielen – für Deutschlan­d –, eine sonst seltene ist. 2008 in Halifax gab es den doppelten Seidenberg schon einmal, übers Jahr gibt es statt brüderlich­er Puckstafet­ten Telefonate und WhatsApp. In Köln ist Familientr­effen, für zehn Tage sind auch Dennis Seidenberg­s Frau Rebecca, die Töchter Story Linn und Noah Grace und Sohn Breaker Curtis da. Das ist schön.

Noch schöner wäre, wenn sie heute Abend einen Sieg gegen die Slowakei (20.15/Sport1) miterleben würden. Dennis Seidenberg will seinen Part beisteuern: „Was ich machen kann, ist einfach mein Spiel spielen." Ganz egal, wie lang.

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FOTO: DPA Verteidige­r Dennis Seidenberg im Training.

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