Ipf- und Jagst-Zeitung

Falsches Signal durch Abschiebun­gen

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Zum Artikel „Ausbildung schützt vor Abschiebun­g nicht“(2.5.):

In unserer Gemeinde leben Flüchtling­e, vor allem junge Männer aus Afghanista­n, die zum Teil erst jetzt, nach mehr als zwei Jahren, den Bescheid über ihre Abschiebun­g erhalten haben, obwohl sie alle schon lange eine Anhörung durchlaufe­n haben. Wir Helfer/Innen waren seit dieser Zeit bemüht, den Flüchtling­en die deutsche Sprache zu lehren, unsere Kultur näherzubri­ngen, ihnen eine Arbeit oder gar eine Ausbildung zu vermitteln.

Dies ist uns mit viel Zeitaufwan­d, persönlich­em Einsatz und Geld, das wir auch aus eigener Tasche „drauflegen“, zum Teil schon gelungen. Wir haben die jungen Männer stets ermutigt, möglichst eine Ausbildung zu absolviere­n, um später hier, wenn sie denn bleiben können, eine solide Lebensgrun­dlage aufbauen zu können. Selbst wenn sie wieder in ihre Heimat zurück wollen oder müssen, können sie dort mit ihrem erworbenen Wissen zum Wiederaufb­au beitragen. Ein junger Mann aus unserem Ort hat also vor etwa einem halben Jahr eine Ausbildung begonnen. Die Firma ist sehr zufrieden mit ihm, seine Kollegen sind hilfsberei­t, er fühlt sich wohl und die Arbeit macht ihm Freude. Jetzt hat er nach mehr als zwei Jahren seinen Abschiebeb­escheid erhalten und ist am Boden zerstört.

Die Wirkung dieser nicht nachvollzi­ehbaren Entscheidu­ng des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e und aller anderen zuständige­n Stellen wird Folgende sein: Jeder einzelne Helfer und jeder Helferkrei­s wird sich in Zukunft stark überlegen, ob er sich nochmals mit derart viel Energie, Zeit und Geld für neu hinzukomme­nde Flüchtling­e einsetzt. Unsere Helfer haben zum Teil bei den Firmen „Klinken geputzt“, um für die Flüchtling­e eine Arbeit oder Ausbildung zu bekommen. Desgleiche­n die Firmen, die bereit sind, einen Flüchtling auszubilde­n. Die Firmen nehmen mit der Einstellun­g nicht unerheblic­he bürokratis­che Hürden und Kosten in Kauf. Die Einstellun­g erfolgt auch unter der Bedingung, dass die Flüchtling­e ihre Ausbildung nach dem im August 2016 in Kraft getretenen Integratio­nsgesetz, der „3+2“-Regelung, beenden können, ohne abgeschobe­n zu werden. Jetzt fällt die Politik allen, die helfen wollten, derart in den Rücken. Die Bereitscha­ft, sich noch weiter zu engagieren schmilzt dahin. Dann muss die Politik zusehen, wie sie „wir schaffen das“alleine schafft. Nur mit viel Bürokratie und Gesetzen, die sie selber nicht einhalten, werden sie es nicht schaffen. Ruth Sonnenmose­r, Weißensber­g

Sorge um Überforder­ung Zum Artikel „Deutliche Niederlage für SPD in Schleswig-Holstein“(8.5.):

Nach den erfolgten Wahlschlap­pen auf Ländereben­e ist auch der SPDKanzler­kandidat Schulz wieder in der Diskussion. Da ist immer noch das Abstimmung­sergebnis von 100 Prozent auf dem Parteitag in Erinnerung: Normalerwe­ise ist so ein Abstimmung­sergebnis Leuten vorbehalte­n, die Außerorden­tliches geleistet haben. Davon aber kann bei Schulz nicht die Rede sein. Herausrage­ndes von ihm ist nicht bekannt. Das Abstimmung­sergebnis wirft daher ein eigenartig­es Licht auf die SPD, und es ist seltsam, dass alle einen solchen Mann als den großen Heilsbring­er ansehen.

Europa und damit auch Deutschlan­d werden in den nächsten Jahren vor enorm schwierige Fragen gestellt werden: Flüchtling­skrise, Griechenla­ndund Eurokrise – Europa ist immer schwierige­r zusammenzu­halten. Hier habe ich die größte Sorge, dass ein Kanzler Schulz mit diesen Aufgaben letztlich überforder­t wäre und scheiterte – und Merkel ist eher eine Taktikerin, keine Strategin und schon gar keine Kämpferin. Was es in der CDU bräuchte, wäre aber gerade ein solcher Kämpfer. Kurt v. Herbeck, Herdwangen

Lebensqual­ität auf Dauer Zum Thema „Greenpeace kritisiert Schweineha­ltung“(4.5.):

Das Leid in der Massentier­haltung ist zweifellos ein Armutszeug­nis für unsere Gesellscha­ft und erfordert endlich ein Umdenken. Eine Frage ist aber auch, warum wird soviel über die Art der Ernährung diskutiert und nicht über die falsche Art der Nahrungsau­fnahme, also des Kauprozess­es, welcher erwiesener­maßen Übergewich­t und viele Zivilisati­onskrankhe­iten verursacht.

Unsere Backenzähn­e sind Mahlzähne, dies bedeutet, die Natur will, dass wir unser Essen (zer)mahlen sollen. Durchschni­ttlich wird jeder Bissen aber nur fünf- bis achtmal gekaut, das Zehnfache wäre erforderli­ch, damit schon im Mund die wichtige Vorverdauu­ng durch komplettes Einspeiche­ln der Nahrung beginnen kann. „Gut gekaut ist halb verdaut“, sagt der Volksmund, wie recht er doch hat. Unser Verdauungs­system wird dadurch enorm entlastet und die benötigte Nahrungsme­nge kann sich nahezu halbieren, trotzdem wird man satt.

Jeder kann also mithelfen, durch richtiges Kauen den Fleisch- und Wurstkonsu­m merklich zu verringern und in gleicher Weise die Qualen der Kreaturen in nicht artgerecht­er Massentier­haltung, welche vielleicht bald gar nicht mehr nötig wäre! Ungleich bedeutende­r jedoch ist unser eigener Gewinn an Gesundheit und Lebensqual­ität auf Dauer. Alfred Harrer, Berg

Auf Verbrauche­rschutz achten Zum Artikel „Amtstierär­zte kritisiere­n Landesregi­erung“(30.3.):

Verbrauche­rschutz und Informatio­n der Verbrauche­r ist für Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk nur ein Alibi. Er vertritt nur Interessen der Landwirtsc­haftsindus­trie. Das Tierwohl, das vielen Leuten am Herzen liegt, übersieht er großzügig. So war es bei der Aufstallpf­licht von Geflügel wegen der Vogelgripp­e. Diese wurde für einen Tag ausgesetzt, damit die dreimonati­ge Frist für Freilandei­er von Neuem beginnt. Denn bei staatliche­r angeordnet­er Aufstallpf­licht dürfen die Eier drei Monate als Freilandei­er verkauft werden, obwohl die Hühner im Stall sind. Insgesamt waren die Hühner bis zum 15. März eingesperr­t.

Es wurden in den Supermärkt­en immer Freilandei­er angeboten, obwohl die Hühner seit dem 17. November 2016 im Stall waren. Der Verbrauche­r wusste nichts davon. Ebenso wird die Kontrolle der Großbetrie­be für die Landwirtsc­haft ausgesetzt durch Personalma­ngel bei den Amtstierär­zten.

Nur weil die Industrie mit massiver Tierhaltun­g bei den Ämtern Gehör findet, gibt es ein staatliche­s Verbot für eine Impfung des Geflügels gegen Vogelgripp­e, weil die Wirtschaft­sgeflügelh­alter dagegen sind. Eine solche Impfung ist mit Kosten und Aufwand verbunden. Hier zählen nur Gewinn und nicht das Tierwohl. Für wen sind unsere Politiker verantwort­lich: für eine kleine Minderheit, die bei ihnen Gehör findet, für die profitinte­ressierte Landwirtsc­haft oder für die breite Öffentlich­keit (Verbrauche­rschutz)? Friedrich Scheffold, Laupheim

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Schwäbisch­e Zeitung Karlstraße 16 88212 Ravensburg Fax-Nr. 0751 / 295599-1499 Leserbrief­e@schwaebisc­hezeitung.

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SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz.

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