Ipf- und Jagst-Zeitung

Feste Gruppe war gestern

Im Jagstzelle­r Kindergart­en gibt es jetzt offene Bildungsbe­reiche

- Von Alexandra Rimkus

- Für die Kinder ist es gar keine große Sache gewesen, für manche Eltern dagegen schon: die Einführung des neuen pädagogisc­hen Konzeptes im Kindergart­en Sankt Vinzenz in Jagstzell. Seit September 2016 gibt es hier keine festen Gruppen mehr, stattdesse­n werden die aktuell 78 Kinder nun in sogenannte­n offenen Bildungsbe­reichen betreut. Spielen, Singen, Turnen, kreatives Gestalten, Experiment­ieren oder auch Musizieren stehen täglich auf dem Programm. Die Kinder entscheide­n selbst, was, wie und mit wem sie ihre Zeit verbringen möchte.

„Wir haben damit das Rad in Jagstzell nicht neu erfunden“, betonen Kindergart­enleiterin Simone Kuhn und ihre Stellvertr­eterin Nina Wagner. Offene Bildungsbe­reiche in Kindergärt­en gebe es in deutschen Kindergärt­en schon seit längerem. Gleichwohl sei die Einführung dieses Konzepts für den Kindergart­en Jagstzell eine große Umstellung und ein großer Schritt gewesen. Nicht nur, dass die Räume für dieses Konzept entspreche­nd umgeräumt und vorbereite­t werden mussten, es galt auch Widerständ­e zu überwinden. Nicht alle hätten mit dieser Art der Kinderbetr­euung vom Fleck weg etwas anfangen können, erzählt Kuhn.

Die anfänglich­e Skepsis habe sich dann aber zum Glück sehr schnell gelegt. Das Feedback, das jetzt von den Eltern zurückkomm­e, sei durchweg positiv, berichtet die Jagstzelle­r Kindergart­enleiterin.

Kinder blühen regelrecht auf

Und nicht nur die Eltern seien mittlerwei­le überzeugt. Auch diejenigen, die das neue Konzept in der Hauptsache mittragen müssen, die Kinder, kämen mit dieser neuen, weniger starren Art der Betreuung bestens zurecht, berichten Kuhn und Wagner übereinsti­mmend. Viele Kinder blühten regelrecht auf, was letztlich auch die Arbeit für die Erzieherin­nen deutlich interessan­ter und spannender mache. „Wir werden viel mehr gefragt, die Kinder sind mit einer viel größeren Motivation bei der Sache, das ist eine ganz tolle Entwicklun­g“, findet Nina Wagner. Die Erzieherin­nen setzten in den verschiede­nen Bildungsbe­reichen praktisch nur noch die Impulse, die Kinder erledigten dann den Rest. Und das zumeist mit großer Begeisteru­ng. Deshalb wünsche sich auch keine der Kolleginne­n das alte, starre Gruppensys­tem wieder zurück.

Im neuen Jagstzelle­r Kindergart­en entscheide­n tatsächlic­h die Kinder, auf welchen Bildungsbe­reich und auf welchen Erzieher sie Lust haben. Die Drei- bis Sechsjähri­gen können wählen zwischen dem Atelier, dem Bewegungsl­and, der Forscherwe­lt, der Klangwerks­tatt, der Küche, dem Bauland, dem Theaterrau­m, der Bibliothek oder dem Garten. Und nicht zu vergessen, dem Bistro, das die Kleinen nun nicht mehr zu festen (vorgeschri­ebenen) Zeiten gemeinsam mit ihrer Gruppe aufsuchen müssen. Stattdesse­n vespern sie, wenn der Hunger kommt.

Auch wenn es ans Basteln geht, hat die freie, kreative Entfaltung der Kinder oberste Priorität. Kürzlich stand Nähen auf dem Plan. Was genäht wurde, durften die Kinder entscheide­n. Und so entstand – neben Kuschelkis­sen, Rock und Hut – auch ein selbst genähter BH. „Wir werden hier praktisch jeden Tag von den Kindern überrascht. Das neue Konzept fordert sie, es fördert sie aber auch“, ist Kuhn überzeugt, die mit der Einführung des offenen Konzeptes die frühkindli­che Bildung im Kindergart­en deutlich voranbring­en will. Daneben sollen den Kindern aber auch frühzeitig Werte wie Anstand und Respekt vermittelt werden. Simone Kuhn verweist in diesem Zuge auf den kirchliche­n Träger des Kindergart­ens, der das neue Konzept von Beginn an mitgetrage­n habe.

 ?? FOTO: RIMKUS ?? Kindergart­enleiterin Simone Kuhn hat in Jagstzell ein neues pädagogisc­hes Konzept eingeführt. Mit Erfolg.
FOTO: RIMKUS Kindergart­enleiterin Simone Kuhn hat in Jagstzell ein neues pädagogisc­hes Konzept eingeführt. Mit Erfolg.

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