Ipf- und Jagst-Zeitung

Jungadler, flügge geworden

Leon Draisaitl soll das Nationalte­am verstärken – Dominik Kahuns Rückhand bringt Zähler

- Von Joachim Lindinger

- Jonathan Boutin hatte keine Chance. Einmal nicht, zweimal nicht, das dritte Mal nicht. Man schrieb den 22. Februar 2017, als der Torhüter der Augsburger Panther sich sein Penalty-Trauma abholte. Schuld war Dominik Kahun, 21, Stürmer des EHC Red Bull München. Eine Episode, dieses 2:1 nach Zusatzschi­cht des späteren Meisters im drittletzt­en Hauptrunde­nspiel der Deutschen EishockeyL­iga? Nein. Sondern – das weiß man seit Mittwoch, 23 Uhr – der Prolog zum so wichtigen deutschen WM-3:2 nach Penaltysch­ießen über die Slowakei. Jonathan Boutin hieß jetzt Julius Hudacek; Dominik Kahun blieb Dominik Kahun. Verwandelt­e seinen Penalty. Als Einziger. Souverän per Rückhand. Natürlich per Rückhand.

Zwei Punkte gewonnen dadurch, die Viertelfin­alchancen weiter intakt – die Geschichte des Penaltysch­ützen Kahun hatte Konjunktur zu vorgerückt­er Stunde in Köln. Im Vereinstra­ining hatte der technisch beschlagen­e Center stets „als Letzter getroffen“. Dann kam das Nachbardue­ll mit den Panthern, ging die Entscheidu­ngsfindung in den Tiebreak – und Dominik Kahuns Rechnung auf. Was beim ersten Penalty funktionie­rt hatte, tat es gleich wieder und wieder, tut es auch elf Wochen später noch: „Ich hab’ viel Vertrauen in meine Rückhand. Hat geklappt!“Vor 17 647 Zuschauern, bei der HeimWeltme­isterschaf­t. „Das“, wusste Bundestrai­ner Marco Sturm, „ist auch nicht einfach für so 'nen Jungspund.“Und klang doch ziemlich unspektaku­lär aus dessen Mund: „Ich bin dagesessen, wurd’ aufgerufen und dann bin ich gegangen.“Der Rest? War Rückhand.

Zwölf Stunden später interessie­rte dann noch, dass Dominik Kahun 2011/12 bester Scorer der Deutschen Nachwuchs-Liga gewesen ist. Mit 69 Punkten, einem mehr als sein damaliger Nebenmann bei den Jungadlern Mannheim. Der aber war das Thema schlechthi­n des spielfreie­n Donnerstag­s, seitdem feststand: Für die Edmonton Oilers sind die Playoffs der National Hockey League zu Ende; das 1:2 bei den Anaheim Ducks macht Leon Draisaitl zur WM-Option für die Nationalma­nnschaft. Er habe „heute schon einige Male Kontakt“mit dem 21-Jährigen gehabt, sagte Marco Sturm nach dem Training. „Das Gute ist: Er will kommen.“ Was das hieße angesichts seiner NHL-Saison mit 95 Spielen, 35 Toren und 58 Vorlagen? Die Antwort gibt Dennis Seidenberg, NHL-Verteidige­r seit 2002: „Leon ist der beste deutsche Eishockeys­pieler. Deshalb wäre es sehr wichtig.

Die Tücke allerdings liegt im Detail. Leon Draisaitls Vertrag bei den Oilers galt bis Saisonende; eine neue Vereinbaru­ng – wohl über sechs Spielzeite­n – ist im Werden, Gehaltszah­len werden kolportier­t (rund sechs Millionen Dollar je Jahr), noch aber gibt es keinen Abschluss. Heißt: Der Deutsche Eishockey-Bund müsste einen Verdiensta­usfall im Falle einer schwerwieg­enden Verletzung versichern; die Prämie wäre, nun ja: satt. Man arbeite dran, ließ Verbandspr­äsident Franz Reindl ausrichten. „Man“steht offenbar auch für Sponsoren, die die Auswahl des DEB spätestens im wohl entscheide­nden Vorrundens­piel kommenden Dienstag gegen Lettland mit Leon Draisaitl sehen wollen. Einen Einsatz schon am Samstag gegen Italien ließ der Bundestrai­ner offen. Klar aber sei, so Marco Sturm: „Der Leon ist ein Kölner, das merkt man absolut.“Die Lust am Heimspiel sei groß, „das ist seine Stadt“.

Heute, gegen Dänemark (20.15 Uhr/Sport1), müssen es andere richten. Gerne auch per Rückhand.

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FOTO: DPA Vor Kurzem war Leon Draisaitl noch für die Edmonton Oilers im Einsatz, nun will er bei der WM angreifen.

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