Aus dem Hintergrund ins Rampenlicht
Prinzenschwägerin Pippa Middleton gibt einem Hedgefonds-Manager das Jawort
- Es ist Wahlkampf auf der Insel – und ein langweiliger noch dazu. Wer mag es da den Medien verdenken, wenn sie mit Begeisterung die Geschichte zweier gutaussehender junger Leute präsentieren, die sich heute das Jawort geben wollen. Zumal die Braut auch noch einen direkten Draht ins Königshaus hat. Da können frohe Schlagzeilenschreiber leicht einmal die „Hochzeit des Jahres“(year) beschwören. Oder ist es doch nur die „Hochzeit der Rückseite“(rear)?
Das hübsche Wortspiel verdanken wir der ehrwürdigen „Times“. Aber auch keine andere Londoner Gazette lässt den Hinweis aus, dass die Braut ihre Berühmtheit vor allem ihrer aparten Rückansicht verdankt. Philippa Charlotte Middleton, genannt Pippa, trat ins gleißende Licht der Öffentlichkeit als Schleppenträgerin für ihre ältere Schwester Kate, die an einem Frühlingstag 2011 den Prinzen William heiratete und zur Herzogin von Cambridge wurde.
Ihre untergeordnete Rolle spielte die brünette Brautjungfer, damals 27, mit Bravour, ihr figurbetontes weißes Kleid brachte vor allem ihre Rückseite wirkungsvoll zur Geltung. Rasch bildete sich auf Facebook eine „Gesellschaft zur Würdigung von Pippa Middletons Hinterteil“. Aus der kleinen Schwester wurde über Nacht ein globaler Star. Das sei schon ein wenig erschreckend gewesen, teilte Middleton später mit, im jugendlichen Alter „weltweit Aufmerksamkeit zu erregen – und das wegen deiner Schwester, deinem Schwager und deinem Hintern“.
Fröhliche Fotos für bunte Blätter
Nicht, dass sich Pippa lange mit dem Erschrecken aufgehalten hätte. Binnen Kurzem war aus der hübschen jungen Frau mit ungewissen Karriereaussichten, von denen es in London Tausende gibt, eine „socialite“geworden, was mit Gesellschaftsdame nur unzureichend übersetzt ist. Ein bisschen soziales Engagement gehört schon auch dazu. Vor allem aber geht es um die Unterstützung der notleidenden bunten Blätter durch fröhliche Fotos und mehr oder weniger gut erfundene Geschichten.
Die studierte Literaturwissenschaftlerin versuchte sich zusätzlich als Zeitungskolumnistin und Autorin eines Buches mit dem vielversprechenden Titel „Celebrate“. Wie man am schönsten Partys feiert, wer will das nicht wissen? Dass man zum Sackhüpfen die Beine in einen Sack stecken muss oder selbst gebackene Plätzchen am besten luftdicht verwahrt – bitte, falsch ist das ja nicht. Allerdings auch nicht bahnbrechend originell, weshalb das Party-Handbuch zum Ladenhüter verkam und der Verlag den Vorschuss von rund einer halben Million Euro doch ein wenig bereute.
Nun also eine Party in eigener Sache. Anders als Kate hat sich Pippa keinen echten Prinzen geangelt, alle begeistert gestreuten Gerüchte der Boulevardpresse über ein Techtelmechtel mit Williams jüngerem Bruder Harry blieben Phantasien. Immerhin hat es zu einem „Herren der Welt“gereicht, einem früheren CityTrader und Hedgefonds-Manager, womit wieder einmal bewiesen wäre, dass sich gleich und gleich gern gesellen: die Symbolfigur sinnentleerten Celebrity-Lebens zu einer Ikone der ebenso sinnfreien turbokapitalistischen Hochfinanz. Wie Pippa stammt James Matthews, 41, aus einer klassischen Aufsteigerfamilie. Sein Vater David häufte als Gebrauchtwagenhändler und Immobilienmakler ein Vermögen an. Mit seiner Frau Jane zog er Mitte der 90erJahre in die Karibik, erwarb das Hotel Eden Rock auf der winzigen Insel Saint Barthélemy, die Celebrities wie Elton John, Beyoncé oder Brad Pitt als Rückzugsort dient.
Geld spielt keine Rolle
Eden Rock heißt nun auch die Vermögensverwaltungsfirma des Juniors. Sie wirft immerhin genug ab, dass sich der Bräutigam im feinen Londoner Stadtteil Chelsea für 20 Millionen Euro ein geräumiges Haus kaufen konnte. Der Verlobungsring für Pippa soll eine coole Viertelmillion gekostet haben.
Da wir uns in England befinden, wo die absurdesten bürgerlichen Konventionen unbeirrt weiter gelten, wird natürlich im Haus der Braut auf Kosten des Brautvaters gefeiert. Pippa hat im Garten des elterlichen Anwesens westlich von London eine Glasmarkise von stattlichen Ausmaßen errichten lassen – auch in England ist das Wetter im Mai häufig unbeständig.
Vor der Party darf eine ausgewählte Schar unter den geschätzt 350 Gästen der Trauung in der anglikanischen Dorfkirche von Englefield beiwohnen. Die Königskinder George (4) und Charlotte (2) streuen Blumen, die Eltern Kate und William dienen als Betreuungspersonal. Eingeladen sind auch Williams Bruder Harry und dessen neue Freundin, die US-Schauspielerin Meghan Markle. Mal sehen, ob die 35-Jährige der Braut die Schau stiehlt wie einst Pippa ihrer Schwester vor sechs Jahren.