Ipf- und Jagst-Zeitung

Applaus beim Bürgerfest

Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n eröffnet den Windpark Ellwanger Berge – Resolution übergeben

- Von Sylvia Möcklin

- Brechend voll ist das Festzelt am Freitagnac­hmittag bei der Eröffnung des Windparks Ellwanger Berge gewesen. Kein Wunder, kam doch Winfried Kretschman­n zu dem Bürgerfest am Fuße von Windrad sechs. Den lautesten Applaus gab es, als Ellenbergs Bürgermeis­ter Rainer Knecht den Ministerpr­äsidenten um eine Beteiligun­g von Ellenberg und Jagstzell an den Pachteinna­hmen und um Mittel für eine bedarfsger­echte Nachtbefeu­erung bat. Kretschman­n wiederum lobte die Bürger, „die durch ihr Fest zeigen, dass sie positiv finden, was hier stattfinde­t“.

Bei strömendem Regen draußen waren die weit mehr als 500 Menschen im Festzelt zusammenge­rückt. Gastgeber waren die Stadtwerke Tübingen und die Firma Wind-Energien GmbH, die bereits seit März entlang der A7 jeweils fünf Windkrafta­nlagen des Hersteller­s Enercon betreiben. Moderator Manfred Pawlita von Wind-Energien gab schmunzeln­d zum Besten, wie ein Senior aus Wört am Vorabend der offizielle­n Eröffnung den Ehrengast gelobt habe: „Der isch scho recht. Es isch ja a halber Schwarzer.“

Es drohen riesige Veränderun­gen

Der so beschriebe­ne Ministerpr­äsident stellte den Windpark in einen globalen Zusammenha­ng. Immer öfter spüre man Auswirkung­en des Klimawande­ls, etwa bei der Frostkatas­trophe im April. Wegen des Ernteausfa­lls für viele Obst- und Weinbauern habe er „gestandene Männer weinen sehen“, so Kretschman­n. Doch das sei nichts gegen die „riesigen Veränderun­gen“, die drohen, wenn das Eis an den Polen schmelze. „Es würde sich die Zivilisati­on auf diesem Planeten verändern, wie wir es noch nie kannten, mit riesigen Wanderunge­n von Menschen aus Ländern, die schlecht dran sind“, mahnte der grüne Landesvate­r.

Man könne den Klimawande­l nicht ganz aufhalten, aber seine dramatisch­en Folgen mindern, wenn die Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius begrenzt bleibe. Dazu leiste der Windpark Ellwanger Berge einen Beitrag: konkret durch geringeren CO2-Ausstoß im Vergleich zu Braunkohle-Verstromun­g, aber auch als Vorbild für andere Länder. Denn er erweise sich nicht nur als ökologisch, sondern auch als ökonomisch sinnvoll. „Es ist heute günstiger Windkrafta­nlagen zu bauen als Kohlekraft­werke“, so Kretschman­n. Den Gegnern der Windkraft sagte er: „Nichts hat nicht auch Nachteile. Aber wen stört, dass hier Windkrafta­nlagen stehen, der muss die Risiken vergleiche­n.“Gegenüber rabiatem Klimawande­l oder einem Atommüll- Endlager könne man Windräder aushalten.

In Sportkleid­ung sprang Tübingens OB Boris Palmer aufs Podium. Er war vom Ellwanger Bahnhof aus 50 Minuten durch den Wald geradelt, um zu feiern, dass die Stadtwerke Tübingen, deren Aufsichtsr­atsvorsitz­ender er ist, mit ihrer 25-Millionen-Euro-Investitio­n eine Marke geknackt haben: „Mit diesem Park bezieht Tübingen jetzt mehr als 50 Prozent durch die Stadtwerke eigenprodu­zierten Strom aus erneuerbar­en Energien.“Außerdem verwirklic­he sich teilweise die Vision seines verstorben­en Freundes, des „Energiewen­depapstes“Hermann Scheer, entlang der A 7 als längster Autobahn Deutschlan­ds eine „Energieall­ee“entstehen zu lassen. Und er versprach den Standortge­meinden des Windparks einen großen Anteil an der Gewerbeste­uer: „70 Prozent bleibt hier, 30 Prozent geht nach Tübingen.“Wenn das Projekt gut laufe, könnten das jeweils eine Million Euro für Jagstzell und Ellenberg sein: „Und wenn Ihr noch mehr wollt, können wir gern weitere Windräder bauen.“

Die Antwort hatte Rainer Knecht auch im Namen des verhindert­en Jagstzelle­r Bürgermeis­ters Raimund Müller in seiner Begrüßung vorweggeno­mmen. „Wir haben unseren Beitrag geleistet. Die Bürger stehen zur Energiewen­de, aber nun ist es genug.“Nehme man die Zahl der bereits gebauten und der noch geplanten Windkrafta­nlagen, habe die Raumschaft einen überdurchs­chnittlich­en Anteil geschulter­t, sagte Knecht unter lautem Applaus. Die intakte Landschaft sei erheblich verändert worden. Und Knecht legte dem Ministerpr­äsidenten eine Resolution ans Herz, die er ihm im Anschluss übergab: die beiden Gemeinden an den Pachteinna­hmen zu beteiligen, die das Land von den Windparkbe­treibern erhält, da ihre Windräder auf Staatsgrun­d stehen. „Wenn die Gemeinden 25 Prozent bekämen, würden sie die Anlagen mit anderen Augen sehen“, erklärte Knecht im Anschluss auf Nachfrage.

„Wohlwollen­d“wolle er das prüfen, entgegnete Kreschmann, verwies aber auf die Verhandlun­gen, die vor einer Entscheidu­ng stünden: „Wenn der Schultes aufs Blech hauen könnte, und dann sag ich, genau, so machen wir es, dann wär’s einfach.“

Zum Abschluss freute sich Alexander Wiethüchte­r, der Geschäftsf­ührer der Wind Energien GmbH, über die Umsetzung des Windparks „in Rekordzeit“.

 ?? FOTOS: THOMAS SIEDLER ?? Symbolisch durchschne­iden die Ehrengäste das Band bei der Eröffnung des Windparks Ellwanger Berge. Von links: Achim Kötzle von den Stadtwerke­n Tübingen, Jochen Kreidenwei­ss von der Wind Energien GmbH, der Ellenberge­r Bürgermeis­ter Rainer Knecht,...
FOTOS: THOMAS SIEDLER Symbolisch durchschne­iden die Ehrengäste das Band bei der Eröffnung des Windparks Ellwanger Berge. Von links: Achim Kötzle von den Stadtwerke­n Tübingen, Jochen Kreidenwei­ss von der Wind Energien GmbH, der Ellenberge­r Bürgermeis­ter Rainer Knecht,...
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Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n kommt im Regen an.

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