Born to be wild? Besser nicht
Mit Beginn der Motorradsaison startet auch das Aalener Polizeipräsidium mit Kontrollen für Zweiräder
- Der junge Mann nimmt's gelassen, ja sogar mit einer Prise Humor. Oder ist es eher Sarkasmus? „Es erübrigt sich wohl zu fragen, ob ich jetzt noch mit meinem Motorrad nach Hause fahren darf?“Die Polizisten lächeln freundlich zurück. Das ist Antwort genug.
Get your motor runnin’
Frühlingszeit, Motorradzeit – und auch Zeit für Motorradkontrollen. Das Polizeipräsidium Aalen hatte am vergangenen Montag gleich zwei auf dem Plan – eine am Aalener Berufsschulzentrum mit den Schwerpunkten Roller/Leistungssteigerung, die andere an der B 19 am Ortseingang von Abtsgmünd-Untergröningen mit den Schwerpunkten Motorrad/ Lärmentwicklung. Um's vorwegzunehmen: An beiden Stellen wurden die vier Prüfer fündig. „In den letzten Jahren ist eine deutliche Zunahme von Motorrädern im öffentlichen Straßenverkehr festzustellen“, heißt es im Verkehrsbericht für den Bereich des Polizeipräsidiums Aalen. Und mit den Motorrädern nimmt auch die Zahl derjenigen zu, die – aus welchen Gründen auch immer – an ihren Zweirädern technische Veränderungen vornehmen. Darauf hat sich die Polizei eingestellt. Auch die Kontrollen wurden mehr.
Head out on the highway
Am Berufsschulzentrum, dort, wo der oben erwähnte junge Mann später sein Motorrad schiebenderweise wegbewegen wird, haben die Beamten einen Rollenprüfstand aufgebaut, der unkompliziert, schnell und natürlich geeicht anzeigt, zu welcher Geschwindigkeit ein Roller in der Lage ist. „Früher“, so erzählt Klaus Stürzl, der die Kontrollen leitet, „früher, da war das Frisieren von Zweirädern richtige Handarbeit. Heute reicht es manchmal, an zwei Schrauben zu drehen.“
Polizeihauptkommissar Ronald Krötz erläutert: „Uns stehen neben dem Rollenprüfstand einige Hilfsmittel zur Verfügung: zivile VideoMotorräder oder -Autos, Handlasermessgerät oder stationäre Lichtschrankentechnik. Das wichtigste Einsatzmittel ist aber der erfahrene und geschulte Beamte.“
Looking for adventure
In diesem Fall stand dem Aalener Polizeipräsidium sogar ein besonders geschulter Beamter zur Seite. Uwe Engelhardt ist aus Weinsberg im Polizeipräsidium Heilbronn angereist. Im Gepäck: Ein Messgerät, das den Schallpegel der Zweiräder im Stand messen kann. Engelhardt selbst ist Motorradfahrer durch und durch: „Seit ich 16 bin, fahre ich Zweiräder.“ Und er ist Mitglied im Kompetenzteam Motorrad der Polizei des Landes Baden-Württemberg, soll heißen: Er kennt alle Tricks, alle Ausreden, alle Probleme.
In Untergröningen sind den Beamten zwei Motorräder aufgefallen. Engelhardt winkt die beiden jungen Männer mit ihren 125ern auf den Parkplatz. Schon jetzt fällt sein Blick auf die Auspuffanlagen – nicht original. „Okay“, sagt er, „wir testen's mal.“Mit dem Meterstab wird genau der Abstand von 50 Zentimetern zum Auspuffende vermessen, das Pegelmessgerät ungefähr in Höhe der Abgasanlage. Ein Kollege gibt Gas. Engelhardts Urteil: „Zu laut!“97 statt der eingetragenen 91 Dezibel. Eine Toleranz von fünf Dezibel wäre noch im Rahmen gewesen.
Die Kontrollen sind, egal welchen Schwerpunkt sie haben, immer ganzheitlich, erklärt Klaus Stürzl ganz zu Beginn: „Wir schauen uns alles an – vom Vorderreifen bis zum Rücklicht.“Vieles geht mit einer Ermahnung glimpflich ab. Die Beamten weisen die Zweiradfahrer auch darauf hin, wie gefährlich Motorradfahren ohne geeignete Schutzkleidung ist. Schließlich haben sie in ihrer Berufslaufbahn schon oft erleben müssen, welche Verletzungen drohen. „Und“, so fügt Ronald Krötz an, „junge Leute wissen oft nicht, welche zivil-, straf- und versicherungsrechtlichen Folgen es haben kann, wenn man an der Leistung seines Zweirads gedreht hat.“Denn: Oft erlischt die Fahrerlaubnis, wenn an der Leistung manipuliert wurde.
„Junge Leute wissen oft nicht, welche versicherungs-, strafund zivielrechtlichen Folgen es haben kann, wenn man an der Leistung seines Zweirads gedreht hat“, sagt Ronald Krötz. „Das wichtigste Einsatzmittel ist der erfahrene und geschulte Beamte“, sagt Ronald Krötz.
In whatever comes our way Steppenwolf „Born to be wild“, 1968
„Das Kochertal ist schon ein Problem“, erklärt Ronald Krötz von der Pressestelle des Aalener Polizeipräsidiums. „Wir haben vollstes Verständnis für die Anwohner, die sich über den Lärm beklagen.“Aber oft sei es eben so, dass, nicht wie im obigen Fall, nachgearbeitet wurde, sondern die Zweiräder vom Hersteller aus schon sehr laut sind. „Wenn alles in Ordnung ist“, so Krötz, „können wir aus polizeilicher Sicht wenig machen.“
Im Übrigen haben die Polizisten nicht an allen Fahrzeugen etwas auszusetzen. Als wenig später ein älterer Herr mit seiner PS-starken Suzuki GSX auf die Seite gewunken wird, stellt sich schnell raus: alles in Ordnung. Es wird gescherzt und fachgesimpelt. Es entwickelt sich sogar so etwas wie ein Benzingespräch – Motorradfahrer unter sich.
Stellen die Beamten schließlich fest, dass am Zweirad unerlaubterweise geschraubt wurde, können sie zu verschiedenen Mitteln greifen – von der einfachen Ermahnung über die gebührenpflichtige Verwarnung, ein Gutachten beim örtlichen TÜV, Bußgeld, ja sogar Beschlagnahme. Den beiden jungen Männern auf dem Parkplatz in Untergröningen geht ein Mängelbescheid zu, Nachkontrolle innerhalb von 14 Tagen.
Härter getroffen hat es den jungen Zweiradfahrer am Berufsschulzentrum vom Anfang dieser Geschichte. In seiner Auspuffanlage fehlt der DBKiller, früher liebevoll „Flöte“genannt. Noch an Ort und Stelle schraubten die Beamten das Kennzeichen ab. Betriebserlaubnis erloschen, Bußgeld für Halter und für Fahrer. Born to be wild? Besser nicht.