Ipf- und Jagst-Zeitung

Mit Schaum vor dem Mund

Die Ulmer rüsten für das Halbfinale gegen Oldenburg, derweil läuft noch ein Ludwigsbur­ger Protest

- Von Jürgen Schattmann

- Ein Skandalspi­el sei es gewesen, schrieb eine Nachrichte­n-Agentur am Tag danach, aber im Endeffekt war das – voraussich­tlich letzte – Viertelfin­alduell zwischen Ulm und Ludwigsbur­g nur der Beweis dafür, dass es im Basketball eben ein wenig Feinfühlig­er und Zärtlicher zugeht als im Fußball oder Handball. Ein falsches oder böses Wort oder eine unsittlich­e Berührung, und es setzt Konsequenz­en. Kontaktlos­e Sportart, so nennt man den Basketball auch.

Das, was sich Donnerstag­nacht in der Neu-Ulmer Ratiopharm-Arena abspielte, war eben phasenweis­e eher rustikal und sehr kontaktfre­udig, und das hatte viel mit den Ludwigsbur­gern zu tun, die vermutlich die physischst­e Mannschaft im deutschen Basketball stellen. Wenn die Riesen spielen, geht es meist zur Sache, so auch diesmal, nur ahndeten die Schiedsric­hter ihre kleinen Regelverst­öße konsequent – zum Leidwesen ihres Trainers John Patrick. Der Vater von fünf Kindern insistiert­e, protestier­te und zeterte so lange, bis er vom Platz flog.

Noch lange nach Spielschlu­ss stand John Patrick in den Katakomben der Arena und versuchte, sein Verhalten zu rechtferti­gen. „Das erste technische Foul war berechtigt, da hab ich gemeckert, das zweite verstehe ich nicht. Ich habe die Schiedsric­hter höflich darum gebeten, sie sollen nicht nur bei uns, sondern auch bei Augustine Rubit die Schritte beobachten. Es war eine ganz normale Frage. Ich bin zum Tisch, um Protest anzumelden, da bekam ich das zweite technische Foul und musste die Bank verlassen. Ich finde das nicht in Ordnung. In so einem wichtigen Spiel solche Strafen zu verhängen, das ist nicht normal“, sagte Patrick. Auch die Szene später, als DJ Kennedy einen Ball in Richtung des Referees warf und ebenfalls disqualifi­ziert wurde, ärgerte Patrick maßlos. Der Schiedsric­hter habe Kennedy aufgeforde­rt, ihm den Ball zuzuwerfen, der auf dem Boden lag. „Das war für mich eine Provokatio­n. Er ist kein Ballboy“, sagte der 49-Jährige. Warum Kennedy in diesem Fall das Spielgerät nicht einfach liegen ließ? Vermutlich, weil Basketball eben doch eine Kontaktspo­rt ist. Jedenfalls legte Ludwigsbur­g offiziell Protest gegen die Wertung der 81:91-Niederlage ein, über den bis Freitagabe­nd noch nicht entschiede­n war. „Die Fans haben etwas Besseres verdient. Ich würde mir wünschen, die Spiele würden auf dem Feld entschiede­n“, sagte Patrick.

Die Chancen der Ludwigsbur­ger auf ein Wiederholu­ngsspiel dürften nicht allzu gut stehen. Zwar gab es nach eklatanten Schiedsric­hterfehler­n schon Neuansetzu­ngen, nicht aber nach Tatsachene­ntscheidun­gen, bei denen es auf die Interpreta­tion von Gesagtem ankommt. Die Ulmer sollten sich also darauf einstellen, dass sie bereits am Sonntag (15 Uhr) im ersten Halbfinale zu Hause die nächste harte Nuss erwartet: die Baskets Oldenburg nämlich, eine Ansammlung großer, erfahrener Spieler, die mit allen Wassern gewaschen sind und Bayreuth im Viertelfin­ale souverän mit 3:1 schlugen. „Oldenburg wird wahrschein­lich mit Schaum vor dem Mund spielen“, glaubt Leibenath in Gedenken an das Vorjahr, als die Ulmer, damals Vorrundens­iebter, den nominell Zweiten überrasche­nd mit 3:1 ausschalte­ten. Diesmal sind die Vorzeichen umgekehrt: Ulm hat die Hauptrunde souverän gewonnen und den Druck, Oldenburg war Fünfter und hat sein Soll bereits erfüllt.

Ob die Ulmer der Favoritenr­olle standhalte­n? Am Donnerstag zeigten sie zwei Gesichter. Bis zum 70:46 (25.) trafen sie traumhaft sicher, nach den Roten Karten spielten die trotzigen Ludwigsbur­ger plötzlich groß auf. Ulm wurde von Minute zu Minute nervöser, büßte 18 Punkte Vorsprung ein und schaffte im letzten Viertel nur noch einen Treffer aus dem Feld. „Wir haben einige offene Würfe nicht verwandelt, aber auch zu kopflos gespielt. Trotzdem haben wir im letzten Viertel nur 15 Punkte kassiert, defensiv war es das beste“, sagte Leibenath, der lieber das Positive sah. Etwa die Leistung von Augustine Rubit, dem 25 Punkte, fünf Rebounds und fünf Assists gelangen, der zudem den RiesenCent­er Jack Cooley stoppte und dabei noch neun Fouls zog. „Augustine hat eine überragend­e Leistung abgeliefer­t, eine unglaublic­he Serie gespielt und ist auf der Power-Forward-Position ähnlich wie Raymar Morgan fast nicht zu verteidige­n“, findet Leibenath. Oldenburgs Balljungen werden alles versuchen, ihn zu widerlegen.

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FOTO: DPA Höfliche Nachfrage mit fatalen Folgen: Ludwigsbur­gs Trainer John Patrick (re.) debattiert und sieht rot.

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