Brasiliens Präsident droht ein Amtsenthebungsverfahren
Die wichtigsten Koalitionspartner von Brasiliens Präsident Michel Temer erwägen einen Bruch des Bündnisses. Grund ist der Korruptionsskandal um den weltgrößten Fleischkonzern JBS und Temers fragwürdige Rolle dabei.
Was ans Licht kommt, ist schier unfassbar, erklärt aber auch, wie JBSBesitzer Joesley Batista den Umsatz seines Fleischkonzerns seit 2007 vervierzigfachen konnte. In Rekordtempo war der Konzern JBS zum größten Fleischproduzenten der Welt aufgestiegen, der Umsatz stieg binnen zehn Jahren von vier auf 170 Milliarden Reais (46,5 Milliarden Euro) im Jahr. JBS hat 340 Produktionsstätten weltweit, 200 000 Mitarbeiter und exportiert in 150 Länder. JBS soll über die staatliche Entwicklungsbank BNDES laut Portal „O Globo“ insgesamt fünf Milliarden Reais (1,37 Milliarden Euro) an Krediten bekommen und am Ende die öffentlichen Kassen um über 300 Millionen Euro geprellt haben. Fünf Polizeirazzien gab es in einem Jahr, nebenbei kam noch ein Gammelfleischskandal ans Tageslicht.
Temer war da noch auf Batistas Seite, schickte seinen Agrarminister nach China, um ein rasches Ende des Importstopps zu erreichen. Doch Batista hatte längst ein Problem. Mit offenbar viel Dreck am Stecken entschloss er sich, bei der Bundesjustiz auszupacken, zahlte rund 65 Millionen Euro Strafe – und ging in die USA. Ihm droht – da jetzt immer mehr rauskommt – noch eine Gefängnisstrafe.
Rund 500 Millionen Reais (137 Millionen Euro) hat sein Konzern der Politik zukommen lassen: drei Präsidenten, 167 Abgeordnete und 1829 Kandidaten bei Wahlen sollen profitiert haben. Nach dem Ölkonzern Petrobras und dem Baukonzern Odebrecht ist das ein neuer großer Korruptionsskandal in Brasilien.
Geldkoffer für Temer-Vertrauten
Batista traf sich im März mit Temer, ließ ein in der Hose verstecktes Aufnahmgerät mitlaufen, der Mitschnitt fand den Weg in die Öffentlichkeit, wie auch Fotos einer Geldkofferübergabe an einen Temer-Vertrauten. Der Präsident tappte in eine Falle, scheint es.
Temer steht seither am Rande des Sturzes, ihm droht ein Amtsenthebungsverfahren. Es sieht so aus, dass Temer bei dem Treffen Schweigegeldabsprachen unterstützt hat, um einen Mitwisser über all die illegalen Deals ruhig zu halten. Es riecht nach Behinderung der Justizarbeit. Temer soll von JBS-Wahlkampfspenden rund eine Million Reais (280 000 Euro) in die eigene Tasche gesteckt haben.
Doch Temer dreht den Spieß um und behauptet, Opfer von manipulierten Beweisen zu sein. Batista habe ja wissen müssen, dass die Börse abstürzen wird, wenn das alles publik wird. Temer meint, Batista habe zig Millionen Dollar verdient, indem er vorher Aktien verkaufte und „eine Milliarde Dollar“kaufte, bevor der Real dann abstürzte und der Devisenkauf viel teurer wurde.
Temer stellt Batista als undankbaren Kerl da, der die Brasilianer betrogen habe und nun in die USA abgehauen sei. Temer fordert die Einstellung der Korruptionsermittlungen gegen ihn. Wer hier Sieger oder Verlierer ist, ist noch nicht entschieden. Am Ende könnten beide stürzen. Verloren hat in jedem Fall schon der Ruf des Landes.