Erdbeben im Ostalbkreis löst Katastrophe aus
Großübung des THW Ortsverbands Aalen in Hülen und Haisterhofen mit 140 ehrenamtlichen Helfern aus der gesamten Region
- Der Ostalbkreis ist durch ein Erdbeben heimgesucht worden. Die Infrastruktur ist zerstört, Gebäude sind beschädigt, zahlreiche Menschen verletzt. Das THW muss in Lauchheim und Ellwangen Verletzte retten und hat dabei auch mit der Geflügelpest zu kämpfen. So hat das Szenario einer gemeinsamen Katastrophenübung des Technischen Hilfswerks Ortsverband Aalen am vergangenen Samstag ausgesehen. Die Aalener Truppe organisierte die Übung, unterstützt wurde sie von ihren Kollegen aus Ellwangen, Kirchheim, Nördlingen, Heidenheim, Schwäbisch Gmünd, Backnang und Memmingen. Insgesamt nahmen 142 Einsatzkräfte an der Großübung teil.
Besonders heikel ist die Situation an diesem Tag in Ellwangen-Haisterhofen: Ein Teil des ehemaligen Truppenübungsplatzes hat sich in eine imaginäre Geflügelzucht verwandelt. Diese ist durch das Erdbeben zerstört worden, ein Großteil der Tiere ist ausgebrochen. Doch es kommt schlimmer: In den Ställen gab es die Geflügelpest. Bei den Helfern ist also größte Vorsicht geboten.
Mit Atemschutzmasken retten sie mehrere Opfer: In den Stall gelangen sie nur über das Dach, auch im Wohnhaus dürfen sie das Erdgeschoss nicht betreten. Also transportieren sie die Menschen aus einem Fenster im ersten Stock über eine Leiter nach unten. Auch im Wald finden die Frauen und Männer mit ihren Suchhunden mehrere Kinder. Ein Junge scheint eine besonders realistisch geschminkte Wunde am Arm zu haben. Er wird von einer Helferin zu einem Krankenwagen geführt. „Pusteblume“, sagt sie abwehrend zu einem Fotografen und damit ist klar: Der Junge ist tatsächlich verletzt. Auch das kann vorkommen.
„Keiner soll etwas riskieren“
Insgesamt aber sorgt das THW dafür, dass sich die Helfer so wenig wie möglich in Gefahr begeben: „Wir wollen die Übung zwar so realistisch wie möglich machen, aber keiner soll heute irgendetwas riskieren“, bekräftigt Johannes Lipp, Ortsbeauftragter des THW Ortsverband (OV)Aalen.
Mehr als sechs Monate Vorbereitungszeit gehen dieser Großübung voraus: „Die Planungsphase hat im November begonnen, die intensive Phase startete dann vor etwa vier Wochen“, sagt Lipp. Dass ein Ortsverband eine Übung dieser Größenordnung organisiert, sei sehr selten. Normalerweise kümmere sich der übergeordnete Verband in Göppingen darum. Weil aber seit Jahren nichts passiert sei, ist der Ortsverband selbst tätig geworden.
Etwa 100 Meter vom Geflügelstall entfernt werkeln mehrere Männer in schwindelerregender Höhe auf einem Gerüst. Sie bauen eine „Dekontaminationsschleuse“, damit die Fahrzeuge vor der Ausfahrt vom Gelände gereinigt werden können. Über ihnen schwirrt ein Kopter (sogenannte Drohne) am Himmel und schießt zu Dokumentationszwecken Fotos.
Eine „gelungene Veranstaltung“
Die 140 Ehrenamtlichen des THW sind konzentriert, von Hektik keine Spur. Das spüren auch die prominenten Zaungäste, darunter der Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter, Aalens Verwaltungsbürgermeister Karl-Heinz Ehrmann, Rechts- und Ordnungsdezernent im Landratsamt Thomas Wagenblast und Ellwangens OB Karl Hilsenbek.
Während im THW-Heim in Aalen das Führungskommando beim Koordinieren der verschiedenen Einsätze schwitzt, sind andere Kollegen im Kieswerk in Lauchheim-Hülen eingespannt. Die Infrastruktur ist nach dem Erdbeben zerstört, zwei Mitarbeiter des Steinbruchs werden vermisst. Um sie bergen zu können, müssen Helfer große Trümmerbrocken aus dem Weg räumen und mit schweren Gerätschaften Behelfsstraßen bauen. Ein Mitarbeiter des Kieswerks ist in seinem Auto eingeklemmt und wird gerettet.
Dass der Ostalbkreis tatsächlich einmal von einem Erdbeben heimgesucht wird, ist laut Lipp äußerst unwahrscheinlich. Geübt werden muss der Katastrophenfall dennoch: So können die Truppen aus dem Ostalbkreis, dem Kreis Heidenheim und dem Rems-Murr-Kreis bei größeren Katastrophen auch viele Hundert Kilometer weit weg eingesetzt werden.
Um 15 Uhr ist die Großübung zu Ende. Aalens Dienststellenleiter Lipp ist sehr zufrieden: „Die Einsatzaufträge haben von der Handhabung her funktioniert“, freut er sich. Es habe zwar in der Kommunikation kleinere Probleme gegeben, insgesamt bewertet er die Übung aber als „gelungene Veranstaltung“. Von insgesamt zwölf gestellten Aufgaben haben die Rettungskräfte nur drei nicht abschließen können: „Wir haben aber bewusst mehr Aufgaben gestellt als zu bewältigen waren, damit sich am Ende keiner langweilt“, erklärt Lipp.