Mutter misshandelt – Berufung vertagt
Berufungskammer des Landgerichts muss erst über Befangenheitsantrag entscheiden
(R.) – Im Ellwanger Landgericht sollte heute vor der Berufungskammer ein besonders tragischer Fall mutmaßlicher vorsätzlicher Körperverletzung erneut aufgerollt werden. Wie zu erfahren war, hat der Vorsitzende Richter Jochen Fleischer wegen eines Befangenheitsantrags der Verteidigung die Hauptverhandlung vertagt. Ein neuer Termin steht noch nicht fest.
Im November 2016 hatte Amtsgerichtsdirektor Norbert Strecker eine Rentnerin zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung und einer Schmerzensgeldzahlung von 3000 Euro verurteilt (wir haben berichtet). Strecker hielt es für erwiesen, dass die 65-Jährige ihre 85jährige Mutter im Badezimmer zu Boden warf und sie mit Schlägen traktierte. Bei dem Versuch der Tochter, den Kopf der Mutter in die Badewanne zu drücken, zog sich die Seniorin einen Oberschenkelbruch zu. Ihr Schwiegersohn kam ihr zu Hilfe und rief den Notarzt.
Bereits zwei Wochen zuvor, im Oktober 2015, soll die Tochter ihre Mutter geschubst haben, so dass sie stürzte und sich eine Platzwunde am Kopf zuzog. Dieser Übergriff könne, so Strecker in der Urteilsbegründung, möglicherweise fahrlässig erfolgt sein. Bei der zweiten Tat gehe er jedoch von Vorsatz aus. Offenbar gab es schon länger Streit zwischen den beiden Frauen wegen zwei Häusern, die die 85-Jährige ihrer Tochter unter der Voraussetzung überschrieben hatte, dass ihr lebenslanges Wohnrecht zustehe. Dieser Vermerk soll ohne Wissen der alten Dame im Grundbuch gelöscht worden sein. Seit dem zweiten Vorfall kann sie ihren Haushalt nicht mehr allein führen und ist auf Krücken und Rollator angewiesen.
Der Verteidiger hatte seinerzeit auf Freispruch seiner Mandantin plädiert, da ihre Schuld nicht beweisbar sei. Es lasse sich nicht nachvollziehen, wie sich die Seniorin die Verletzungen zugezogen habe. Staatsanwältin und der Vertreter der Nebenklage hatten sich damals für eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten ausgesprochen.