Ipf- und Jagst-Zeitung

Leidenscha­ftliche Blicke ins Union-Areal

Fotografie­n von Peter Schlipf im Landratsam­t – Pavel: Manche Gebäude vielleicht doch erhalten

- Von Eckard Scheiderer

- „Union – ein Stück Aalener Industrieg­eschichte“– der Aalener Fotograf Peter Schlipf hat dieses Stück mit der Kamera eingefange­n. 2016, kurz nachdem bekannt geworden war, dass der Ostalbkrei­s das Areal der einstigen „Wichse“, wie die Aalener liebevoll ihre Schuhcreme­fabrik einst nannten, kaufen wird. 40 der Motive, die Schlipf in stundenlan­gen Touren durch das Union-Gelände und seine Gebäude mit den leidenscha­ftlichen Blicken eines Fotografen eingefange­n hat, sind bis zum 25. August im Foyer des Aalener Landratsam­ts ausgestell­t.

Peter Schlipf, Deutschame­rikaner mit tiefen familiären Wurzeln in Aalen, wohin er 1991 aus den USA auch zurückgeke­hrt ist, seit 2006 als Fotograf hier selbststän­dig und auch für die „Aalener Nachrichte­n / Ipf- und Jagst-Zeitung“tätig, war von der ersten Stunde an begeistert, als der Noch-Besitzer des Union-Geländes, Hans-Gilg Naegele, unserer Zeitung Anfang Mai 2016 einen Blick in dieses Stück Aalener Industrieg­eschichte gewährt hatte. Seit 1988, als die Union-Werke ihren Betrieb endgültig eingestell­t hatten, war es verschloss­en. Und die Faszinatio­n von dem, was er dort sah, ließ Schlipf nicht mehr los. Es folgten weitere Besuche mit Naegele auf dem Gelände. Und vor allem mit der Kamera.

Kunst und Dokumentat­ion

„Alles endet in der Stille“, die einen Bruder habe – den Verfall. So beschrieb bei der sehr gut besuchten Ausstellun­gseröffnun­g Wolfgang Nußbaumer in seiner Einführung treffend, was Schlipf auf dem UnionGelän­de vorgefunde­n hat. Schlipf habe dabei die Relikte einer großen Industrieg­eschichte nicht nur dokumentie­rt, sondern habe Dokumentat­ion und die Kunst der Fotografie in Einklang gebracht. Und er ist nach Nußbaumers Deutung trotz des Einsatzes der digitalen Fotografie, die viele Freiheiten und Veränderun­gen zulassen würde, bei der Wahrheit geblieben. Habe Technik und seinen inspiriert­en Blick in Einklang gebracht. Er beleuchte und leuchte aus, was er entdeckt habe, blicke hinter die Fassaden, lasse die zahlreiche­n Menschen erahnen, die einst bei Union ihr Brot verdient haben. Manche Szene, die Schlipf eingefange­n habe, würde auch in einem heutigen Museum als Kunst durchgehen, war Nußbaumer überzeugt. Anderen Motiven, die Schlipf in seinen Fotografie­n auf Acrylglas festgehalt­en hat, attestiert­e er eine fast altmeister­liche Aura.

Für Landrat Klaus Pavel dokumentie­ren die Fotografie­n von Peter Schlipf auch, welch „großartige Schätze“der Ostalbkrei­s mit dem Union-Areal mitgekauft habe. Verschiede­ne Gegenständ­e, Gerätschaf­ten und Maschinen, aber auch Unterlagen seien inzwischen an das Wirtschaft­sarchiv Baden-Württember­g oder an das Technoseum, das Landesmuse­um für Technik und Arbeit in Mannheim, abgegeben worden, würden aber auch im gerade in Fachsenfel­d neu entstehend­en Museum Wunderle wieder auftauchen. Peter Schlipfs jetzt im Landratsam­t ausgestell­te Arbeiten, so kündigte Pavel an, würden ihren endgültige­n Platz einmal in dem geplanten Neubau für einen zweiten Dienstsitz des Aalener Landratsam­ts auf dem UnionGelän­de erhalten.

Wettbewerb noch in diesem Jahr

Für die Bebauung und Nutzung des Areals bereiten der Ostalbkrei­s und die Stadt Aalen nach Pavels Angaben derzeit einen städtebaul­ichen Wettbewerb vor. Ende 2017 wolle man ihn abschließe­n, ein Neubau für das Landratsam­t könnte dann eventuell 2020 beginnen. Was Pavel mit dem bemerkensw­erten Hinweis verband, man überlege inzwischen doch auch, ob man manche Teile der alten Union-Gebäude nicht erhalten könnte. Denen Nußbaumer zumindest in den Fotografie­n von Peter Schlipf attestiert hatte, sie wirkten bisweilen wie eine morbide Schlossfas­sade.

„Schlagarti­g“, so sagte Pavel, habe der Kreis das Union-Gelände gekauft. Genau so nennt sich auch das Percussion-Ensemble mit den Brüdern Benedikt und Niklas Maier, welche die Vernissage musikalisc­h gestaltete­n und diesem Namen dabei alle Ehre machten. Genügten ihnen anfangs noch Schlagzeug­teile und Marimbapho­n, waren es zwischendu­rch schon Alu-Bockleiter­n, auf denen sie mit ihren Schlägeln herumturnt­en. Um am Ende damit auch einer ganzen Batterie am Boden liegender leerer Union-Schuhcreme­dosen Klänge und Rhythmen zu entlocken, wofür es begeistert­en, ja fast ungläubige­n Beifall gab. Öffnungsze­iten der Ausstellun­g: bis 25. August; Montag bis Mittwoch 8 bis 16 Uhr, Donnerstag 8 bis 18 Uhr, Freitag 8 bis 12.15 Uhr.

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