Nationale Ikone
Dirigent Jiri Belohlavek in Prag gestorben
Musik wird gerne als völkerverbindende Sprache gefeiert. Sie kann auch das Gegenteil sein. Ein markantes Beispiel dafür ist das tschechische Nationalgefühl, das mit der Musik fest verankert ist. Das Festival „Prager Frühling“wurde zum Symbol für den – vergeblichen – Versuch, im gepanzerten Sozialismus nationale Freiräume zu behaupten. Das Rudolfinum in Prag, das Konzerthaus der Tschechischen Philharmonie, ist sozusagen der Dreikönigsschrein des Nationalgefühls. Hier amtete Jiri Belohlavek. Er ist, von einem Krebsleiden gezeichnet, im Alter von 71 Jahren verstorben.
Chefdirigenten der Tschechischen Philharmonie waren nationale Ikonen mit internationalem Renommee: Talich, Kubelik, Ancerl und Neumann. Jiri Belohlavak war gleich zweimal Chef des Orchesters. Die erste Periode 1990/91 als Nachfolger Neumanns, der 20 Jahre lang im Amt war, endete im Streit. Denn als das Orchester seinen Chef erstmals selber bestimmen konnte, wählte es Gerd Albrecht (1935 – 2014), einen versierten Kenner böhmischer Musik. Mit der Wahl war eine Hoffnung auf Geldsegen aus den Füllhörnern westlicher Plattenfirmen verbunden, die freilich verkannte, dass vom ehedem berühmten Klang des Orchesters international wenig Konkurrenzfähiges übrig war: Manche Instrumente waren schrottreif. Albrecht war der erste Ausländer auf dem Posten (1993 – 1996). Gepflegter Deutschenhass sorgte dank ministerieller Intervention für ein baldiges Ende. Erst 2012 kehrte Jiri Belohlavek zurück. Er hatte inzwischen international Karriere gemacht. Von 2006 bis 2012 war er Chef des BBC-Orchesters in London.
Belohlavek ist vor allem für einen klug disponierenden Dirigierstil und die Verdienste um die Musik von Dvorak, Martinu und Janacek bekannt. Er wurde 1946 in Prag geboren und studierte Cello am dortigen Konservatorium. Für seine Dirigierstudium ließ er es dann gut sein mit der nationalen Musikkultur. Er ging zu Sergiu Celibidache, Cheef des Chef des Radiosymph. Stuttgart und der Münchner Philharm.(man)