Rioja und Tempranillo
Conquistadores iberischer Weinbaukunst erobern die Gunst des Kenners durch bestechende Qualität und untadelige Preise
Es ereignet sich nichts Neues. Es sind immer die selben alten Geschichten, die von immer neuen Menschen erlebt werden“, konstatierte der US-Schriftsteller und Nobelpreisträger
zu dem Thema, dass sich die Geschicke stets auf irgendeine Art und Weise wiederholen.
Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Invasion der Reblaus dem französischen Weinbau einen desaströsen Zusammenbruch bereitete, führte kein Weg an den spanischen Weinen vorbei, insbesondere denen des Rioja. Neben einer Vielzahl von gallischen Winzern – vor allem von den Gestaden der Gironde – die sich im Rioja ansiedelten und Weingüter gründeten oder ihre Kenntnisse in heimische Bodegas einbrachten, waren es auch die Konsumenten, die nun anstelle eines Bordeaux oder Burgunders einen Rioja besonders zu schätzen lernten. Der Markt erlebte eine Hochkonjunktur. Der Weinbau im Rioja, auf die vielleicht sogar auf die zurückgehend, seit dem 11. Jahrhundert urkundlich verbürgt, von den gefördert und durch deren Erfahrungsaustausch mit den
zu erster Blüte gebracht, erlangte nunmehr Weltbedeutung.
Aber auch die Reblauskatastrophe fand ein Ende, resistente amerikanische Wurzelstöcke wurden als Unterlage für die französischen Rebsorten wie Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot oder Pinot Noir verwendet und den Ton gaben wieder die Crus aus Bordeaux und von der burgundischen Côte d’Or an. Gewachsene Vertriebsstrukturen und gekonnte Marketing-Strategien sicherten den Weinen dieser französischen Provenienzen im internationalen Weingeschäft bis heute den Platz an der Sonne. Doch die Übernahme einer stattlichen Reihe von Châteaux und Domainen durch Versicherungsunternehmen, Kosmetikoder Luxusgüterkonzerne, die bevorzugt in den Kategorien der Gewinnmaximierung denken, sowie durch Investoren aus aller Herren Länder wirken sich nicht eben preisberuhigend aus. Der Verbraucher, der eine reelle Preis-/Qualitätsrelation zu schätzen weiß, ist skeptisch geworden.
In zyklischer Wiederkehr der Geschicke führt den Weinfreund nunmehr erneut kein Weg am nordspanischen
Faulkner William Zisterziensermönchen Römer, Phönizier Klöstern im Burgund
Oberlauf des Ebro vorbei. Mit bestechenden Argumenten hat der Rioja mit seinen rund 60 000 Hektar Anbaufläche dessen Zuneigung erobert. In kaum einem Weinbaugebiet der Welt werden Weine von derart hoher Qualität zu solch glaubwürdigen Preisen angeboten.
Die rote Traube, die entweder reinsortig ausgebaut oder bei einem hohen Anteil von bis zu 70 Prozent oder darüber (der Mindestanteil muss 50 Prozent betragen) mit Beigaben der sehr hochwertigen, aber raren Graciano und/oder Mazuelo, zuweilen auch Garnacha assembliert wird, liefert Weine von tiefroter Farbe, die in Duft und Geschmack von dunklen Beeren, feiner Würze und mitunter einer Spur Pfeffer geprägt sind. Der Ausbau in Barriques, meist aus französischer oder amerikanischer Eiche, verleiht den Weinen des Rioja eine zusätzliche Holzkomponente, die an Vanille, Kaffee oder Zedern erinnert. Sie
Tempranillo-
warten in ihren schönsten Erscheinungsformen mit einer brillanten Balance aus Eleganz und Charakter auf, in der sie den mehr auf Kraft setzenden Gewächsen des Priorato oder der Ribera del Duero überlegen sind und sich auf internationaler Bühne vor keinem Cabernet Sauvignon, Pinot Noir oder Nebbiolo zu verstecken brauchen! Ihre Tannine präsentieren sich in aller Regel ohne adstringierende Härten, was eine frühe Trinkbarkeit ermöglicht, gleichwohl sind insbesondere die
höchst alterungsfähig. Organoleptische Unterschiede sind je nach Herkunftsgebiet und Qualitätsstufe auszumachen.
Das eigentliche Zentrum des Rioja-Anbaus verkörpert die bis auf einen kleinen Bereich südlich des Ebro um die Stadt Haro gelegene Region
Sie bringt auf Lehm- und eisenhaltigen Tonböden die besten, körperhaftesten und lagerfähigsten Riojas mit hochsoliden Tanninen und einer dem Atlantikeinfluss und seinen kühlen Nächten zu dankenden markanten Säurestruktur hervor. Die Weine der baskischen von stark kalkhaltigen Böden sind überwiegend von einer fruchtbetonten Leichtigkeit gekennzeichnet. In der gedeihen in dem wärmeren, kontinental bestimmten Klima auf Lehm- und Sandböden Weine mit höherem Alkoholgehalt und niedrigerer Säure, oft mit hohen Anteilen der Garnacha-Traube.
Nach den aus dem Jahr 1991 stammenden gesetzlichen Vorschriften der qualifizierten Herkunftsbezeichnung
Alta. Rioja Baja Gran Reserva La Rioja Rioja Alavesa Denominación de Origen Calificada Crianza
(D.O.C. oder D.O.Ca.) reift ein mindestens zwei Jahre, ehe er auf den Markt gebracht werden darf, davon 12 Monate im Fass. Drei Jahre Reifung sind es bei der
auch hier 12 Monate im Fass. Eine verlangt fünf Jahre Lagerung, davon zwei Jahre im Fass. Dichte, Tiefe, Komplexität und Alterungsfähigkeit zeigen sich von Stufe zu Stufe aufsteigend.
Gegenwärtig stellt sich die spannende Frage, ob das Ausscheren einer Reihe von Winzern aus dieser Regelung Akzeptanz auf breiter Basis findet. Unter Verzicht auf die Bezeichnungen Crianza, Reserva und Gran Reserva sollen Orts-, Weinbergsund Lagenamen auf der Etikette erscheinen. Parallelen zu den das Terroir exakt bezeichnenden Weinen des Burgund oder des Piemont, aber auch zu den Cru-Weinen der Toscana, die als Vino da Tavola auf den D.O.C.G.-Status verzichten und sich bis zum Mehrfachen eines Chianti Classico vermarkten, drängen sich auf. Veremos ...
Gran Reserva
(w)eingeschenkt
Besondere Riojas Prado Enea Especial Reserva,
Ganz besonders zu empfehlen sind die Riojas der aus Haro in der Rioja Alta. Die
wird nur in den besten Jahren erzeugt (zuletzt 2006, 2009) und besticht durch enormes Potenzial, seidige Tanninstruktur und bezaubernden Facettenreichtum. Ganz groß! Ein Geheimtipp aus demselben Hause ist die
(2010, 2011). Auch die sollte man im Knien trinken!
Bodegas Muga Gran Reserva Selección Bodegas La Rioja Alta,
Die ebenfalls in Haro zu Hause, bringen mit der (2005, 2007) einen enorm markanten, dicht gewobenen und hochkomplexen Wein auf den Markt, der zu seinem tiefen, samtigen Beerenaroma dazuhin an Waldböden (soubois) und Geröstetes erinnert. Dass über ihm noch eine außerirdische steht, ist erfreuliche, wenn auch nicht ganz budgetfreundliche Realität. Ein vorzüglicher „kleiner 904“ist die
Aus der superben Armada der Weine der ist die (z. Zt. 2008) hervorzuheben, die sich – ohne dass es an Substanz oder Tiefgründigkeit fehlen würde – mit besonders viel Charme und Geschmeidigkeit präsentiert. Für diese Qualität ein absolutes Schnäppchen!
Die warten mit einer großartigen (z. Zt. 2010) auf, die mit Eleganz, geschmeidigem Körper, dunkler Beerenfrucht und stimmig integrierter Holznote keine Spur sättigend wirkt und viel Alterungspotenzial hat. Nur in den besten Jahren wird die hochrespektable abgefüllt (zuletzt 2010). Große und höchst bezahlbare Klassiker bringen die
mit der (2008), die
Gran Reserva 904 Caceres Gran Reserva 890 Vina Ardanza Reserva. Bodegas Luis Canas Gran Reserva Bodegas Remelluri Reserva Gran Reserva Marques de Gran Reserva Bodegas Lan Gran Reserva Lan a Mano
mit der (2009) – die mit dem (2011) eine modern gemachte, die Tradition dennoch nicht leugnende Alternative anbieten – und die mit der
Marques de Murrieta Reserva Gran Reserva
(2011) und der (2010) hervor. Über diesen thront die legendäre
Castillo Ygay Gran Reserva Especial
(z. Zt. 2007). Salud!