Für die Löwen
Rainer Maria Schießler ist der wohl bekannteste katholische Priester Münchens – und Fan des sportlich und finanziell abgestürzten TSV 1860 München. Am Wochenende hat Pfarrer Schießler diesen Brief geschrieben:
„Mein lieber Verein von 1860 München e.V.!
Wenn ich ehrlich bin, habe ich gehofft, dass Herr Ismaik nicht zahlt! Ja, wirklich, aber nur, wenn dies dann auch bedeutet, dass er sein Engagement überhaupt beendet und ein totaler, radikaler Neuanfang für den Verein somit möglich wäre! [...] Als Licht aus dem Osten hat ihn ohnehin kaum einer betrachtet. Er war der einzige wirkliche Geldgeber in einer damals für den Verein aussichtslosen Situation. Im Grunde genommen begann die babylonische Gefangenschaft bereits zu diesem Zeitpunkt und nicht erst heute. Damals hätte man zu diesem Rücktritt in eine untere Liga zum Zwecke der Selbstkonsolidierung bereit sein müssen. Leider war man es nicht. Man glaubte an den Erfolg des schnellen Geldes. Manchmal gelingt das ja auch, aber eben nur manchmal.
Mein erster Trost lautet nun: Trauern macht nur Sinn, wenn man um einen Geliebten trauern muss. Das Trauerspiel der letzten Jahre aber wird wohl kein eingefleischter Fan als seine Geliebte bezeichnen können. [...]
In diesem Sinne sollte auch das Gebet nicht missbraucht werden. Gebet ändert nie Lebensumstände, es kann mich verändern, mich zu einem anderen Menschen machen, mich heilen, damit ich sogar Unheil ertragen kann. Genau dazu sind wir Löwen-Fans aufgerufen. Wenn wir in dieser Hinsicht beten, dann bitte! Aber möglichst alle und ohne Unterlass, wenn’s geht!
Wenn dieser Verein mit seiner großen Geschichte einen unverlierbaren Wert hat, dann wird er auch irgendwann wieder zu alter Größe aufsteigen. Bis dahin werden wir uns von ihm nicht abwenden. Gerade in der Not braucht man Freunde, oder wie Jesus von Nazareth sagt: Die Kranken zu heilen bin ich gekommen, nicht die Gesunden!“