Durchmarsch für Emmanuel Macron
Sieg in der ersten Runde der französischen Parlamentswahl – Historisch niedrige Beteiligung
- Emmanuel Macron wurde aus dem Nichts französischer Staatspräsident. Nun steht seine junge Partei vor einem triumphalen Sieg im Parlament.
Der Präsident nimmt sich Zeit. Vor dem Rathaus des schicken Badeorts Le Touquet am Ärmelkanal schüttelt Emmanuel Macron bei strahlender Sonne die Hände vieler Schaulustiger und posiert für Selfie-Bilder. Einen Mann küsst er sogar auf die Stirn. Dann gibt der 39-Jährige, begleitet von Frau Brigitte, seine Stimme ab.
Die Parlamentswahl – für Macron eine weitere Etappe auf dem Weg zur Macht. Einen Monat nach seinem Erfolg bei den Präsidentschaftswahlen fährt er einen überwältigenden Sieg ein. Seine Partei La République en Marche (LREM) kommt laut ersten Hochrechnungen zusammen mit dem Koalitionspartner MoDem auf 33 Prozent der Stimmen. „Das Ergebnis soll uns zur Demut einladen, aber auch zur Entschlossenheit, die Herausforderungen der nächsten Jahre anzugehen“, kommentierte die Interimsparteichefin von LREM, Catherine Barbaroux, das Ergebnis.
Schattenseite des Erfolgs: Jeder zweite Wahlberechtigte blieb zu Hause. Die Menschen seien nach einem monatelangen Marathon mit Vorwahlen und Präsidentenkür ermüdet, meinen Beobachter. Viele hätten im Mai Macron gewählt, um die Front-National-Chefin Marine Le Pen zu verhindern. Nun sei der Schwung raus. Im Eck-Café ist immer wieder zu hören, dass sich die Sympathie für Macron bei vielen in Grenzen hält.
In der Stichwahl am nächsten Sonntag kann LREM mit mehr als 400 Sitzen und damit einer absoluten Mehrheit rechnen. „Trotz der Wahlenthaltung ist die Botschaft klar: Millionen haben ihre Unterstützung für das Projekt des Präsidenten bestätigt“, sagte Premierminister Edouard Philippe in seiner Ansprache nach Bekanntgabe der Ergebnisse. „Am nächsten Sonntag wird die Nationalversammlung das neue Gesicht unserer Republik verkörpern.“
Deutlich abgeschlagen auf dem zweiten Platz landeten die konservativen Republikaner, die nur rund 21 Prozent bekamen. Die Partei von Nicolas Sarkozy, der Macron drei Politiker für sein Kabinett abwarb, steht vor ihrem historisch schlechtesten Resultat, sie kann nur noch mit 80 bis 100 Abgeordneten rechnen. „Das ist ein enttäuschendes Ergebnis für unsere politische Familie“, räumte Generalsekretär Bernard Accoyer ein.
Einen Einbruch erlitt der Front National (FN), der bei den Regionalwahlen 2015 in der ersten Runde mit 28 Prozent noch stärkste Kraft war. Diesmal halbierte die Partei von Marine Le Pen ihr Ergebnis und verzeichnete nur rund 14 Prozent. In ihrem Wahlkreis ging Le Pen mit mehr als 46 Prozent deutlich in Führung.
Die Sozialisten, die bisher mit 284 Abgeordneten die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung hatten, kamen gemeinsam mit verbündeten Parteien auf rund 10 Prozent und können nur noch auf 20 bis 30 Abgeordnete hoffen. Der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon erreichte mit seiner Partei La France Insoumise elf Prozent.
Gut schnitten Macrons Minister ab, die sich um einen Parlamentssitz bewarben. Finanzminister Bruno Le Maire, der als Konservativer nach seinem Wechsel in die Regierung von seiner Partei ausgeschlossen wurde, kam auf 45 Prozent, auch Wohnungsbauminister Richard Ferrand, der in eine Affäre um Begünstigung verwickelt ist, lag mit 34 Prozent deutlich vorne. Für die Reform des Arbeitsrechts, die Macron bereits in Angriff nahm, kann er auf eine klare Mehrheit in der Nationalversammlung bauen.