Mit 22 schon Routinier
Joshua Kimmich ist bei Joachim Löw längst gesetzt – und bald wohl auch beim FC Bayern
(fil/dpa/SID) - Den ersten Sieg des Sommers hat Joshua Kimmich schon vor seiner Ankunft in Russland geschafft. Bevor sich der 22-Jährige aus Bösingen bei Rottweil in seinen kurzen Urlaub verabschiedete, stand noch eine Unterhaltung mit Carlo Ancelotti an. Bayern Münchens Trainer hatte ihn, den BayernStar der Zukunft, der vor allem in der abgelaufenen Rückrunde ein Spieler ohne Gegenwart schien, seltener eingesetzt, als es Kimmich lieb gewesen war. Kurzzeitig hatte er sogar mit einem Abschied aus München kokettiert. Doch die Unterhaltung zwischen Spieler und Trainer verlief positiv: „Für mich ist es eine Riesenchance, wenn der Verein mit mir als Rechtsverteidiger plant. Diese will ich nutzen, das Vertrauen mit guten Leistungen bestätigen. Das traue ich mir auch zu“, sagte er der „Sport Bild“.
Auch bei Bayern Lahms Nachfolger
Sprich: Kimmichs Zukunft beim FC Bayern liegt rechts in der Viererkette. Er wird, wie auch von Bayerns Präsident Uli Hoeneß und Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge gewünscht, in der kommenden Saison der Nachfolger von Philipp Lahm beim Rekordmeister.
Bei der Nationalmannschaft ist er das ja schon längst. Gerade mal ein Spiel im Adler-Trikot hatte Kimmich 2016 absolviert, ehe die EM in Frankreich losging. Dort kamen noch vier dazu. Seitdem noch einmal zehn, fast alle auf Lahms alter Rechtsverteidigerposition. Nun, vor Beginn des Confed Cups, in den Deutschland am Montag mit dem Spiel gegen Australien(17 Uhr/ZDF) einsteigt, gehört Kimmich in einer Mannschaft, in der 16 von 21 Spielern 25 Jahre oder jünger sind, schon zu den Routiniers in der jungen Rasselbande von Bundestrainer Joachim Löw. Und das mit 22 Jahren!
„Für jeden ist das hier eine super Möglichkeit, sich zu zeigen. Länderspiele für Deutschland sind immer eine Riesenehre“, sagte er am Freitag während der ersten Pressekonferenz der Nationalmannschaft in Russland, „wir bekommen mit jedem Training, mit jedem Spiel Sicherheit und können Automatismen umsetzen.“Diplomatie beherrscht er auch schon wie ein alter Hase. Und auch ein paar launige Floskeln, um die TurnierGastgeber glücklich zu machen: „Ich kann nicht so gut Russisch, ein paar Wörter – aber das ist nichts, was man auf der PK sagen sollte“, sagte er.
Kimmich wäre wohl ohnehin gesetzt gewesen in Löws Team beim Confed Cup. Dass er aber nach dem Gespräch mit Ancelotti gut gelaunt zur Nationalmannschaft kam und in den zwei letzten Länderspielen vollends überzeugte, schadete natürlich auch nicht. Beim 1:1 gegen Dänemark traf er sehenswert per Rückfallzieher. Beim 7:0 gegen San Marino gehörte Kimmich neben Mittelstürmer Sandro Wagner zu den Auffälligsten, bereitete drei Treffer vor und trieb Wagner, traditionell gesegnet mit einem Selbstbewusstsein von Sinsheim bis zum Mond, zu einer wahren Lobesarie. „Kimmich ist unglaublich“, diktierte Wagner den Reportern in die Blöcke, „ich habe selten einen Spieler gesehen, der so gut flankt.“
Präzise Halbfeldflanken
Besonders angetan hatten es Wagner letztes Wochenende Kimmichs präzise Flanken aus dem Halbfeld. Wie gut, dass im Sommer Willy Sagnol, wenn nicht der Erfinder, dann doch mindestens der Meister der Halbfeldflanken, seinen Dienst als CoTrainer bei den Bayern antreten wird. Gut für Kimmich und die Bayern. Ob über den Sommer hinaus auch Wagner von Kimmichs Flanken profitieren wird, hat der Stürmer selbst in der Hand. Mit 29 Jahren gehörte er zu den älteren Debütanten in der Geschichte des DFB-Teams, allerdings könnte der Stürmer, wenn er weiter so engagiert bleibt, einer der Gewinner des Confed Cups werden. Kimmich, der sich auch abseits des Platzes gut mit Wagner versteht, will dem Stürmer in Russland ein paar brauchbare Flanken schlagen. „Sandro ist ein Fan davon, wenn man das Ding hoch in die Mitte bringt“, hat er erkannt. Kimmich weiß auch: Je öfter Wagner in Russland trifft, desto größer dessen Chance auf weitere Einsätze.
Bundestrainer Löw beobachtet seine Kandidaten aber auch abseits des Rasens, er sucht nach Typen. Es sei „spannend und schön zu beobachten, wer von den Jungen Führungsaufgaben übernimmt“, sagte er. Die Neuen begegnen ihm dabei mit dem Respekt, der dem WeltmeisterTrainer gebührt. Löw habe ihn „echt beeindruckt“, sagte auch Wagner. Wenn Löw den Saal betrete, fülle er diesen mit seiner Aura, seiner Persönlichkeit sofort aus. „Ich mag so was gerne, das hat man ja nicht so oft“, sagte Wagner weiter. Da sammelt einer Pluspunkte.