Gericht erlaubt Atommüll auf dem Neckar
Berliner Richter lehnen Eilantrag der Gemeinde Neckarwestheim ab – 342 Brennelemente werden zwischengelagert
(lsw) - Das Verwaltungsgericht Berlin hat den Weg für umstrittene Atommülltransporte auf dem Neckar von Obrigheim nach Neckarwestheim freigemacht. Das Gericht lehnte am Dienstag einen Eilantrag der Gemeinde Neckarwestheim gegen die Beförderung von insgesamt 15 Castor-Behältern aus dem stillgelegten AKW Obrigheim ab.
Der erste Atommülltransport ist nach dpa-Informationen schon in der kommenden Woche geplant. Beobachter erwarten ein massives Sicherheitsaufgebot. Atomkraftgegner kündigten Proteste an. Es wäre der erste Transport von Atommüll auf einem deutschen Binnengewässer.
„Wir sind enttäuscht und werden im Gemeinderat über weitere Schritte beraten“, sagte Neckarwestheims Bürgermeister Jochen Winkler (parteilos). Mit dem Urteil können nun 342 ausgediente Brennelemente in Castoren von Obrigheim zum etwa 50 Kilometer entfernten Zwischenlager Neckarwestheim gebracht werden. Die Gemeinde hatte eine verbesserte Sicherheit gefordert. „Wenn wir schon die Kröte schlucken müssen, soll wenigstens alles sicher sein“, sagte Winkler.
Das Umweltministerium in Stuttgart geht davon aus, dass alle sicherheitsrelevanten Vorkehrungen sowie der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen beachtet werden. „Als Aufsichtsbehörde werden wir überwachen, dass diese Vorsorge- und Schutzmaßnahmen bei den Transporten eingehalten werden“, sagte ein Ministeriumssprecher der „Heilbronner Stimme“und dem „Mannheimer Morgen“.
Das Verwaltungsgericht teilte mit, es könne nicht klären, ob der erforderliche Strahlenschutz gewährleistet sei, weil das Sicherheitskonzept aus Geheimhaltungsgründen nicht vorliege. Trotzdem bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse an der Transportgenehmigung, weil sich der Rückbau des Atommeilers Obrigheim verzögern würde. „Auf dem Neckar dürfen nach einem Eilbeschluss (…) vorerst Castortransporte mit Atommüll durchgeführt werden“, hieß es.
Vorgesehen sind insgesamt fünf Transporte, die sich über mehrere Wochen ziehen. Gegen das Urteil kann Neckarwestheim (Kreis Heilbronn) vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zwar Beschwerde einlegen. Diese hätte aber keine aufschiebende Wirkung.
Atomkraftgegner hatten in den vergangenen Jahren in Deutschland wiederholt gegen Castortransporte auf der Schiene oder auf der Straße protestiert. Dabei war es auch zu Ausschreitungen gekommen. „Wir hoffen, dass es friedlich bleibt“, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums in Göppingen. Die Sicherheitskräfte würden sich seit Monaten intensiv vorbereiten.
EnBW bleibt verschwiegen
Auf dem Weg nach Neckarwestheim stehen 23 Brücken und sechs Schleusen. Das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit betonte, nicht alle Schutz- und Sicherungsmaßnahmen zum Transport könnten veröffentlicht werden. Ziel sei es, den Missbrauch der Informationen durch Dritte zu verhindern, sagte BfE-Präsident Wolfram König.
Der Energieversorger EnBW begrüßte die Gerichtsentscheidung. „Die Vorbereitungen für den ersten Transport gehen unverändert weiter und verlaufen planmäßig“, teilte das Unternehmen mit, ohne Details zu nennen.