Keine Entscheidung über die „Ehe für alle“
Grüne scheitern in Karlsruhe – Bundestag darf sich Zeit lassen und in der nächsten Legislaturperiode weiter diskutieren
- Der Deutsche Bundestag muss sich mit der Ehe für alle vorerst nicht befassen. Die Grünen sind mit einem Eilantrag in Karlsruhe gescheitert. Sie wollten erreichen, dass der Bundestag in seiner letzten Sitzungswoche doch noch abstimmt über einen Gesetzentwurf, der seit vier Jahren vorliegt.
Das Bundesverfassungsgericht sah jedoch keine „willkürliche Verschleppung“, der zuständige Ausschuss hätte sich vielfach mit den Gesetzesinitiativen befasst und diese beraten, wenn auch nicht abschließend entschieden. Das Parlament dürfe über die Prioritäten bei der Bearbeitung selbst entscheiden.
Enttäuscht reagierte GrünenFraktionschef Anton Hofreiter auf das Urteil. „Ich fordere die Union auf, die Abstimmung freizugeben“, sagte er. Sie sollte endlich aufhören, den breiten Willen der Bürgerinnen und Bürger zu missachten. „Es muss Schluss damit sein, dass eine kleine konservative Minderheit der Union die Rechte von Lesben und Schwulen weiterhin beschneidet.“
Unionsfraktionschef Volker Kauder war dagegen sehr zufrieden, das Urteil sei eine „Bestätigung, dass sich die Regierungskoalition korrekt verhalten“habe. In der SPD gab es allerdings Kritik am Vorgehen. Karl Heinz Brunner, Berichterstatter der SPD-Fraktion, sagte: „Ich will die Ehe für alle endlich umgesetzt haben“, der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion stehe.
Brunner setzt sich dafür ein, dass die SPD genau wie die Grünen das Thema Ehe für alle in Koalitionsverhandlungen einbringt. Dafür werde er sich auch auf dem SPD-Parteitag stark machen. Bisher hatte die Antragskommission eine entsprechende Forderung nicht für dringlich erachtet. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann wollte das Thema zwar schon im März in den Koalitionsausschuss einbringen, klar war jedoch, dass man damit bei der Union so schnell keinen Erfolg haben dürfte.
Doch auch in der CDU gibt es immer mehr Abgeordnete, die nichts gegen die Ehe für alle haben. CDUGeneralsekretär Peter Tauber hörte sich bereits zu dem Thema auf Facebook um. Der konservative FinanzStaatssekretär Jens Spahn kämpft für die Ehe für alle, und CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer feierte immerhin spektakulär die Hochzeit von berühmten schwulen Freunden in Passau mit.
Das politische Eis für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften gebrochen hatte der Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der bei seiner Nominierung 2001 verkündete. „Ich bin schwul, und das ist auch gut so.“
Der verstorbene Außenminister Guido Westerwelle wartete lange damit, sich als homosexuell zu outen. Doch später wurden er und sein Mann Michael Mronz ein bekanntes und beliebtes Paar. Westerwelle schilderte bei seinem 50. Geburtstag ergreifend, wie dankbar er Angela Merkel dafür war, dass sie seinen Partner mit einlud und kennenlernen wollte.
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt will sich aber auf Diskussionen, ob man in Koalitionsverhandlungen im Herbst der Ehe für alle zustimmen werde, nicht einlassen. „Ich denke zur Zeit nicht an Koalitionen.“Erst einmal dürfe sich die Union auf den guten Umfragen nicht ausruhen. Hofreiter bleibt dabei: „Mit uns Grünen wird es eine Koalition nur mit der Ehe für alle geben. Denn es ist genug Ehe für alle da.“