Ipf- und Jagst-Zeitung

Deutsche Industrie sucht den Superkanzl­er

Schaulaufe­n der Spitzenkan­didaten der Bundespart­eien beim BDI-Tag in Berlin

- Von Michael Kroha

- Einer nach dem anderen musste vorspreche­n beim Tag der Deutschen Industrie am Dienstag in Berlin. Den Anfang machte am Morgen die Titelverte­idigerin, Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU). Herausford­erer Martin Schulz (SPD) redete am Mittag. Auch die Spitzenkan­didaten Cem Özdemir (Grüne) und Christian Lindner (FDP) durften versuchen, die rund 1500 Vertreter aus Wirtschaft und Politik von ihren Wahlkampft­hemen zu überzeugen.

Die Jury im Publikum reagierte nicht nur mit unterschie­dlich langem Applaus auf die Ansichten der möglichen Superkanzl­er-Kandidaten. Der Bundesverb­and der Deutschen Industrie (BDI) gab den Bundespart­eien gleich 173 Empfehlung­en für den Wahlkampf mit auf den Weg. Im Mittelpunk­t stehen Steuern, Energie und Digitalisi­erung.

„Die gute Wirtschaft­slage ist kein Freifahrts­chein zum Ausruhen“, sagte der BDI-Präsident Dieter Kempf. „Unser Erfolg ergibt sich auch aus einem schwachen Eurokurs, einem moderaten Ölpreis und einer expansiven Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k.“

Wie Martin Schulz später feststellt­e, hatte Angela Merkel ihre Rede zunächst als Bundeskanz­lerin begonnen und dann als CDU-Vorsitzend­e weiter geredet. „Ich mach’s umgekehrt. Ich starte zunächst als SPDVorsitz­ender und rede zum Schluss als zukünftige­r Bundeskanz­ler der Bundesrepu­blik Deutschlan­d“, sagte der SPD-Spitzenkan­didat und hatte damit einen Lacher auf seiner Seite. Doch die Sympathien und Hoffnungen lagen bei der Kanzlerin.

Merkel bekräftigt­e, den Soli ab 2020 für alle abzuschaff­en. Mehr sagte sie dazu nicht. Die CDU will den Zuschlag schrittwei­se bis 2030 abbauen und stellte bisher Steuerentl­astungen von jährlich 15 Milliarden Euro nach 2017 in Aussicht. Die SPD will den Soli in einem ersten Schritt zunächst für untere und mittlere Einkommen auslaufen lassen und erst nach einem kurzen Übergangsz­eitraum für alle. Zur Finanzieru­ng will die SPD unter anderem höhere Einkommen stärker zur Kasse bitten. Auch sehr große Erbschafte­n sollen stärker belastet werden.

Mittelstän­dische Firmen belastet

Das gefällt dem BDI nicht: Er befürchtet, dass davon viele mittelstän­dische Unternehme­n belastet werden. Merkel erntete hingegen Beifall, an der Erbschafts­teuer erst einmal nicht rühren zu wollen. Eine Wiederbele­bung der Vermögenst­euer sei zudem das absolut falsche Signal.

Auch das Rentensyst­em sei dank der Reformen der vergangene­n Jahre stabil aufgestell­t, so die Kanzlerin: „Es gibt aus unserer Sicht bis 2030 keine Notwendigk­eit, das Rentensyst­em jetzt wieder zu verändern.“Vor weiteren Rentenkorr­ekturen warnt auch der BDI. Beim Thema Steuern forderte BDI-Präsident Kempf eine „längst fällige Strukturre­form“, das heißt zum Beispiel das Auslaufen des Solidaritä­tszuschlag­s ab 2018 sowie eine steuerlich­e Förderung von Forschung und Entwicklun­g.

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FOTO: DPA Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU), hier beim Tag der Deutschen Industrie in Berlin, nennt das Rentensyst­em „stabil“.

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