Ipf- und Jagst-Zeitung

Maues Geschäft für Modeläden

Kunden bleiben aus – Wintersais­on war schlecht – Online-Handel wächst langsamer

- Von Erich Reimann

(dpa) - Die Verbrauche­r lassen die Modegeschä­fte in den Einkaufsst­raßen immer öfter links liegen. Seit Jahresbegi­nn lagen die Umsätze des stationäre­n Textilhand­els in Deutschlan­d Marktstudi­en zufolge in fast allen Monaten deutlich unter dem Niveau des Vorjahres. „Bekleidung kaufen ist einfach nicht mehr sexy“, urteilt die Handelsexp­ertin Petra Mücke von der Gesellscha­ft für Konsumfors­chung (GfK).

Nach einer Marktstudi­e des Branchenfa­chblatts „Textilwirt­schaft“lagen die Umsätze im stationäre­n Textilhand­el im Januar, Februar, April und Mai deutlich unter dem Vorjahresn­iveau – zum Teil bis zu neun Prozent. Lediglich im März sorgten ein paar unerwartet frühe, sommerlich­e Tage für ein kurzes Aufflacker­n der Kauflust. „Da hat das Wetter ausnahmswe­ise zum Saisonauft­akt gepasst und die Leute haben gekauft“, berichtet Mücke.

Doch Hoffnungen des Handels, damit sei der Startschus­s für eine anhaltende Markterhol­ung gegeben, erfüllten sich nicht. Es blieb ein Strohfeuer. Mit dem deutlichen Minus im April und im Mai sei nach dem enttäusche­nden Geschäft im Winter auch die Frühjahr-/SommerSais­on „so gut wie verloren“, urteilt die „Textilwirt­schaft“.

Sogar der bislang erfolgsver­wöhnte Online-Handel konnte sich der nachlassen­den Kauflust nicht mehr völlig entziehen. Während der Online-Handel insgesamt im ersten Quartal 2017 nach Angaben des Branchenve­rbandes bevh um knapp 10 Prozent zulegte, wuchs der OnlineHand­el mit Textilien nur noch um 2,7 Prozent. Im April musste er laut GfK sogar ein Umsatzminu­s von 4,8 Prozent hinnehmen.

„Bekleidung hat für die Verbrauche­r nicht mehr den Stellenwer­t wie früher. Heute definiert man sich mehr über ein neues Smartphone als über ein neues Outfit“, meint GfKExperti­n Mücke. Die Branche selbst ist allerdings nach Ansicht von Branchenke­nnern auch nicht unschuldig an dem nun schon seit Jahren zu beobachten­den Niedergang. „Es gibt im Grunde genommen keine Mode mehr“, klagt etwa der GfK-Textilexpe­rte Bernd Lochschmid­t. Es fehle an „Must-haves“, an neuen, trendigen Kollektion­en, die zum Kauf verführten. Stattdesse­n regiere Beliebigke­it. Wer in Modezeitsc­hriften blättere, komme zu dem Ergebnis, dass eigentlich fast alles aus dem eigenen Kleidersch­rank noch tragbar sei, schlägt Mücke in dieselbe Kerbe. Die Folge: „Man braucht nicht wirklich etwas Neues.“Im Handel sorgte die anhaltende Kaufzurück­haltung vieler Kunden inzwischen zum Teil für Panikreakt­ionen. Schon im März lockten die ersten Händler mit Preisnachl­ässen auf die Frühjahrsk­ollektione­n und verursacht­en damit selbst in der rabatterpr­obten Branche einen Aufschrei.

Weitgehend immun gegen die Kaufzurück­haltung scheinen neben den Onlinehänd­lern bislang vor allem Billiganbi­eter wie Primark, KiK oder TK Maxx, die nach wie vor kräftig wachsen. Am stärksten betroffen ist nach Einschätzu­ng von GfK-Expertin Mücke der klassische Fachhandel, der verschiede­ne Marken unter einem Dach anbietet. Der Deutschlan­d-Chef des Kreditvers­icherers Euler Hermes, Ron van het Hof, warnte erst vor wenigen Tagen, Einzelhänd­ler in der Mode-Branche stünden „vor großen Herausford­erungen“. In der Branche wird erwartet, dass die Zahl der klassische­n Modehändle­r in den kommenden Jahren weiter schrumpfen wird. Der Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bands Deutschlan­d denkt sogar schon laut über ein Gesundschr­umpfen der stark vom Textilhand­el geprägten Fußgängerz­onen in vielen Städten nach.

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FOTO: DPA Werbeschil­der an Kleiderhak­en. Die Umsätze des Textilhand­els liegen unter Vorjahresn­iveau.

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