Fall Lisa unspektakulär ad acta gelegt
24-Jähriger wegen sexuellen Missbrauchs einer 13-Jährigen auf Bewährung verurteilt
(AFP) - Wegen schweren sexuellen Missbrauchs einer 13-Jährigen ist im sogenannten Fall Lisa ein 24-Jähriger zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt worden. Der Angeklagte Ismet S. wurde zudem der Herstellung kinderpornografischer Schriften schuldig gesprochen, wie eine Gerichtssprecherin sagte. Der Vorsitzende Richter hatte zum Auftakt die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Er war damit dem Antrag des Anwalts des als Nebenklägerin auftretenden Mädchens gefolgt, die schutzwürdigen Persönlichkeitsrechte der heute 15-Jährigen über das öffentliche Interesse an dem Fall zu stellen. Zuschauer und Journalisten mussten deshalb den Saal verlassen.
Lisa war im Januar 2016 nicht von der Schule heimgekehrt und blieb für etwa 30 Stunden verschwunden. Sie behauptete, von drei Migranten entführt, weggesperrt und vergewaltigt worden zu sein. Die Polizei stieß im Rahmen ihrer Ermittlungen auf S., der Monate vor der vermeintlichen Entführung Oralsex mit dem Mädchen gehabt haben soll. Handyaufnahmen des Geschlechtsakts sollen S. überführt haben. Der Mann sei sowohl in der polizeilichen Vernehmung als auch in der Verhandlung voll geständig gewesen, sagte die Sprecherin. Damit habe er dem Mädchen, das im Amtsgericht Tiergarten anwesend war, eine Vernehmung durch das Gericht erspart.
Strafe für vier Jahre ausgesetzt
Mit dem Urteil blieb das Gericht nur knapp unter der von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafe von zwei Jahren auf Bewährung. Die Strafe ist für vier Jahre ausgesetzt. Zudem muss S. eine Geldstrafe von 3000 Euro bezahlen. Das Geld geht an den Schadensfonds, ein Berliner Instrument des Täter-Opfer-Ausgleichs. Der Sprecherin zufolge schrammte S. an einer Haftstrafe vorbei, weil er kooperativ gewesen und nicht vorbestraft sei. Mutmaßlich spielte bei dem Urteil auch eine Rolle, dass die sexuellen Handlungen einvernehmlich gewesen sein sollen. Allerdings schließt das Gesetz Einvernehmlichkeit bei Sex mit Unter-14-Jährigen aus. Kinder können demnach die Tragweite ihrer Handlungen nicht voll erfassen.
Der Anwalt des als Nebenklägerin auftretenden Mädchens lehnte es ab, mit deutschen Medien zu sprechen. Diese hätten auf dem „Mädchen herumgetreten“, erklärte Sergej Dankwart. Das Mädchen hatte sich bei einem Bekannten vor seinen Eltern versteckt, weil es Probleme in der Schule hatte. In den Befragungen durch die Polizei verwickelte sich die 13-Jährige wiederholt in Widersprüche. Schließlich räumte das Kind ein, die Entführung vorgetäuscht zu haben.
Dass die Ermittler die Angaben des russlanddeutschen Mädchens aus dem Osten Berlins anzweifelten, hatte zunächst in russischsprachigen Medien für Empörung gesorgt. Selbst der russische Außenminister Sergej Lawrow kritisierte daraufhin die deutschen Behörden scharf. Der Fall Lisa fand nunmehr international Beachtung. Gegner der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung sahen den Fall als Beleg für eine Verschlechterung der Sicherheitslage durch den Zuzug hunderttausender Flüchtlinge.