Ipf- und Jagst-Zeitung

Grabräuber lassen die Fibel liegen

Im Alamannenm­useum ist die Vitrine mit der Goldfiebel aus Freiberg um eine Hörstation über den „Tod der lieben Kleinen“ergänzt worden

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(pm) - Im Ellwanger Alamannenm­useum ist seit Anfang Juni eine Sonderpräs­entation zu der als Dreifaltig­keitsfibel gedeuteten Goldscheib­enfibel aus Freiberg-Beihingen zu sehen. Sie ist jetzt um eine thematisch passende Hörstation ergänzt worden.

Die Fibel, die im Winter in einer Ausstellun­g im Keltenmuse­um Hochdorf/Enz zu sehen war, wird bis auf weiteres in einer Sondervitr­ine im Erdgeschos­s des Alamannenm­useums gezeigt, die Präsentati­on entstand mit freundlich­er Unterstütz­ung des Keltenmuse­ums Hochdorf/ Enz und des Schlossmus­eums Ellwangen.

Bei der Ausgrabung des alamannisc­hen Friedhofs von Freiberg-Beihingen 1992/93 stieß man auf die Bestattung eines Mädchens aus der Mitte des 7. Jahrhunder­ts. Die Knochen lagen teilweise durcheinan­der, das Grab war offenbar schon zwei Generation­en später von einem Plünderer heimgesuch­t worden. Für sein grausiges Vorhaben musste er im Grabschach­t kauern und dort sah er am Oberkörper der Toten einen großen goldenen Gegenstand funkeln – eine prächtige Goldscheib­enfibel. Er hielt seine wertvolle Beute in der Hand – und legte sie zurück, mit der Schauseite nach unten. So fanden sie die Archäologe­n bei der Ausgrabung.

Wie lässt sich dieses Geschehen begreifen? Die Verbreitun­g des neuen, christlich­en Glaubens brachte die heidnische Sitte der Grabbeigab­e nach und nach zum Erlöschen. Seit dem 8. Jahrhunder­t sank die Hemmschwel­le für Grabraub immer weiter, denn man wusste, dass die Toten keiner Beigaben bedürfen. Eine große Ausnahme machten Gegenständ­e mit christlich­er Symbolik, wie Kreuzdarst­ellungen. Die Räuber ließen sie im Grab.

Die Beihinger Fibel zeigt jedoch ein Dreieck. Wäre dem Grabräuber nicht klar gewesen, dass sein Fund etwas Christlich­es zeigt, hätte er das kostbare Stück niemals im Grab zurückgela­ssen. Wäre es möglich, dass er schon etwas von Dreifaltig­keit wusste? Durchaus. Als theologisc­hes Konzept war die Vorstellun­g einer Dreifaltig­keit, der Einheit von Vater, Sohn und Heiligem Geist, schon im 2. nachchrist­lichen Jahrhunder­t entwickelt, zum Beginn des 4. Jahrhunder­ts wurde sie zum Dogma. Der christlich­e Grabräuber muss das Symbol erkannt haben.

In der Hörstation „Der Tod der lieben Kleinen“wird in einem dreiminüti­gen Hörspiel geschilder­t, wie der fränkische Geschichts­schreiber und Bischof Gregor von Tours (538 bis 594) im 6. Jahrhunder­t von der Trauer um verstorben­e Königskind­er berichtet. Dieser Bericht zeigt deutlich, wie weit die Christiani­sierung im Frankenrei­ch, ausgehend von der Taufe des Frankenkön­igs Chlodwig kurz nach dem Sieg über die Alamannen in der Schlacht bei Zülpich, zu Lebzeiten Gregors bereits fortgeschr­itten war. Das Alamannenm­useum ist am Sonntag, 25. Juni, mit einem Infostand beim im Keltenmuse­um Hochdorf/Enz vertreten.

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FOTO: MUSEUM Die alamannisc­he Goldscheib­enfibel aus Freiberg-Beihingen im Alamannenm­useum ist jetzt um das Hörspiel „Der Tod der lieben Kleinen“ergänzt worden.

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