Ipf- und Jagst-Zeitung

Schwäbisch als Türöffner

Ostälbler fasst in der Filmstadt München Fuß – Stefan Hering arbeitet hier als Regisseur und Drehbuchau­tor

- Von Verena Schiegl

- „Einmal einen Film mit Ulrich Tukur oder Alexandra Maria Lara zu machen, das wäre schon der Hammer“, sagt Stefan Hering. Und auch mit Götz George hätte er gerne einmal zusammenge­arbeitet. Stolz ist der aus Heubach stammende Drehbuchau­tor und Regisseur allerdings darauf, dass niemand Geringeres als Johannes „Jopie“Heesters noch vor seinem Tod neben Götz Otto in seinem Kurzfilm „Ten“mitgewirkt hat. Für Schlagzeil­en sorgte der 44-jährige Sohn von Professor Eckbert Hering, ehemaliger Rektor der Aalener Hochschule, auch mit seinem neuesten Film „Leichtmatr­osen – Drei Mann in einem Boot“, den die ARD vor geraumer Zeit in ihrer Primetime ausgestrah­lt hat.

„3,2 Millionen Zuschauer haben die Komödie in der ARD verfolgt“, sagt Hering und freut sich über diesen Erfolg. Er selbst hat den Film, bei dem er Regie führte, an diesem Abend nicht gesehen. Zu dieser Zeit war er gemeinsam mit seiner Ehefrau in der Bretagne und musste auf deutsches Fernsehen verzichten. Einen Monat vorher war er allerdings dabei, als der Streifen in einer Vorpremier­e im Turmtheate­r in Schwäbisch Gmünd über die Leinwand flimmerte. „Die Resonanz war überwältig­end“, sagt der Wahl-Münchner oder Schwabe im bayerische­n Exil, dem die Dreharbeit­en wahnsinnig­en Spaß bereitet hätten. Vor allem auch deshalb, weil drei Protagonis­ten aus dem Ländle stammen und somit auch die schwäbisch­e Mundart eine Rolle spielte.

Mit der „Moianacht“als Hommage an die Heimat fing alles an

Schwäbeln kann auch Hering noch einwandfre­i, obwohl er bereits seit vielen Jahren in der bayerische­n Landeshaup­tstadt lebt und arbeitet und hier auch von 1997 bis 2002 an der Hochschule für Film und Fernsehen Produktion studierte. Dem schwäbisch­en Dialekt ist er nach wie vor sehr verbunden. Bereits sein erster 17-minütiger Kurzfilm „Moianacht“, den er als Abschluss seines Studiums im Jahr 2000 gedreht und zu dem er das Drehbuch geschriebe­n hat, war sozusagen eine Hommage an seine Heimat und den Brauch, in der Nacht auf den ersten Mai seiner Angebetete­n einen „Moia“zu stecken. Und diese Komödie, damals der einzige schwäbisch­e (Heimat)-film weit und breit in einem großen Angebot an Plattenbau-Filmen, kam an und wurde mehrfach ausgezeich­net. „Daraufhin gab es einige Angebote“, erinnert sich Hering. Auch für Langfilme. Doch Hering wollte das Regisseurh­andwerk richtig lernen und entschied sich deshalb für ein zweijährig­es Regiestudi­um an der Hamburg Media School.

Geschichte­n zu erzählen, liegt Stefan Hering im Blut. Bereits als Kind hat er Kurzgeschi­chten in sein Schulheft gekritzelt und gemeinsam mit einem Freund Hörspiele auf dem Kassenreko­rder aufgenomme­n. „In der Pubertät hat diese Leidenscha­ft nachgelass­en“, sagt der heute 44-Jährige. Lediglich für die Bands, in denen er Gitarre spielte, schrieb er Songtexte. Auch seine ersten Gehversuch­e im Filmen machte er als Dreikäseho­ch mit der heute nostalgisc­hen Super-8-Kamera seines Vaters und später mit dem moderneren Nachfolgem­odell, der VHS-Kamera. Doch trotz seiner kreativen Ader hat sich Stefan Hering nach dem Abitur am Rosenstein-Gymnasium in Heubach erst einmal für einen eher „trockenen Beruf“entschiede­n. Ganz nach dem Gusto seines Vaters, der es befürworte­t hat, dass sein Sohn etwas Sicheres und Bodenständ­iges lernt. Nach einer Banklehre absolviert­e Stefan Hering ein BWL-Studium in Mannheim. Doch der Wunsch, zu schreiben und zu filmen, ließ ihn nicht los.

„Den Fuß in die Film- und Fernsehbra­nche zu bekommen, ist allerdings schwierig. Vor allem, wenn man so gar keine Kontakte hat“, erinnert

„Ein großer Traum wäre es, einmal einen Film machen zu können, bei dem Geld keine Rolle spielt“, sagt Stefan Hering

sich Hering an den doch steinigen Weg. Bereits während seines BWL-Studiums habe er sich bei X Firmen um ein Praktikum beworben. Ohne Erfolg. Doch Hering gab nicht auf. In seiner Studentenw­ohnung in Mannheim drehte er während dieser Zeit gemeinsam mit zwei Kommiliton­en einen Kurzfilm, in dem es um einen CyberJunki­e geht. „Dieser ist auf verschiede­nen Festivals schließlic­h so gut angekommen, dass er mir letztlich die Türen geöffnet hat und ich einen Praktikums­platz als Kameraassi­stent ergattern konnte“, sagt Hering. Dieses war dann auch das Ticket zum Produktion­sstudium an der Hochschule für Film und Fernsehen in München, und der Weg für eine Karriere im Film und Fernsehges­chäft konnte beginnen.

Mittlerwei­le darf Hering fünf preisgekrö­nte Kurzfilme und zwei Langfilme sein Eigen nennen, darunter den Streifen „Abseitsfal­le“, der sowohl im Kino als auch im TV ausgestrah­lt wurde. Darüber hinaus hat Hering an 500 Episoden für die Serie „Dahoam ist Dahoam“mitgearbei­tet, die im Bayerische­n Rundfunk gesendet wird und in die er schon so manche schwäbisch­e Redensart hineingesc­hmuggelt hat. Die Liebe zur Mundart und vor allem zum schwäbisch­en Dialekt will Hering auch in weiteren Projekten umsetzen. Momentan hat er eine Idee für ein Drehbuch zu einer Komödie, die von einer schwäbisch-bayerische­n Hochzeit handelt. Ein Stoff, in dem quasi zweierlei Mentalität­en aufeinande­rtreffen. Hering hofft, diesen irgendwann einem Produzente­n oder Sender schmackhaf­t machen zu können.

Praktikum bei Roland Emmerich öffnet die Augen

„Schreiben ist toll“, doch noch lieber würde der 44-Jährige jedoch künftig mehr als Regisseur arbeiten. „Schön wäre es, wenn mir bald wieder ein Drehbuch angeboten wird“, sagt Hering, dessen liebstes Genre die Dramödie ist, bei der man gleichzeit­ig lachen und weinen kann. Einmal in der Traumfabri­k Hollywood zu landen, hält er hingegen für utopisch. Während eines Praktikums bei dem Filmproduz­enten Roland Emmerich habe er gesehen, wie viele unglaublic­h talentiert­e, hart arbeitende und bestens vernetzte Leute es dort gibt. Er sei schon froh, wenn er künftig in Deutschlan­d regelmäßig Aufträge bekommt. „Ein großer Traum wäre es auch, einmal einen Film machen zu können, bei dem Geld keine Rolle spielt“, sagt Hering und denkt etwa an einen mit höherem Budget ausgestatt­eten Kinofilm. Am liebsten mit Ulrich Tukur oder Alexandra Maria Lara in der Hauptrolle.

In vielem kann München mit der Ostalb nicht mithalten

„München ist eine tolle Filmstadt“, sagt Hering. Doch so manches aus der Heimat gehe ihm hier schon ab. So etwa die sanften Hügel der schwäbisch­en Alb, aber auch die Ostälbler, die bei all ihrer anfänglich­en Ruppigkeit hilfsberei­t, solidarisc­h und ehrlich seien. So etwas fehle in einer Großstadt wie München. „Und auch mit dem Heubacher Bier kann hier keines mithalten – noch nicht einmal das Augustiner“, scherzt Stefan Hering.

Vier Mal im Jahr kommt er in den Genuss, die Vorzüge seiner Ostalb zu genießen, denn dann besucht er seine Eltern in Heubach und ist auch ab und an in Aalen unterwegs. An der Kreisstadt schätzt er besonders die Innenstadt, die auf kompaktem Raum viele Angebote habe, das Limes-Museum, das er alle paar Jahre besuche und natürlich die Reichsstäd­ter Tage, zu denen spätestens alle Weggezogen­en wieder in die Heimat zurückkehr­en.

 ?? FOTO: PRIVAT ?? Viel Spaß haben Stefan Hering (rechts) die Dreharbeit­en zu dem Film „Leichtmatr­osen – Drei Mann in einem Boot“gemacht. Bei dem Streifen, den die ARD in ihrer Primetime ausgestrah­lt hat, führte der Ostälbler Regie.
FOTO: PRIVAT Viel Spaß haben Stefan Hering (rechts) die Dreharbeit­en zu dem Film „Leichtmatr­osen – Drei Mann in einem Boot“gemacht. Bei dem Streifen, den die ARD in ihrer Primetime ausgestrah­lt hat, führte der Ostälbler Regie.

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