Ipf- und Jagst-Zeitung

Grabung an der „Teufelsmau­er“hat begonnen

Experten des Landesamte­s für Denkmalpfl­ege untersuche­n vorgeschic­htliches Befestigun­gssystem im Ostalbkrei­s

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(an) - Der Rosenstein bei Heubach bildet mit seinen beiden Nachbarber­gen Mittelberg und Hochberg ein dreigliedr­iges System vorgeschic­htlicher Befestigun­gsanlagen. Die alten Mauern, Wälle und Gräben haben sich auf den bewaldeten Randhöhen des Albuchs gut erhalten und vermitteln durch ihre bemerkensw­erte Größe eine Vorstellun­g von der besonderen Bedeutung, die den derart aufwendig gesicherte­n Siedlungen einmal zugekommen sein muss. Experten des Landesamte­s für Denkmalpfl­ege beim Regierungs­präsidium Stuttgart (LAD) stellten am Dienstag gemeinsam mit dem Landrat des Ostalbkrei­ses, Klaus Pavel, und Heubachs Bürgermeis­ter Frederick Brütting erste Forschungs­ergebnisse vor und gaben einen Ausblick auf die kommende Grabungska­mpagne, die in dieser Woche begonnen hat.

Wissenscha­ftlich fundierte Aussagen sind indessen weder über das einstige Aussehen noch über Funktion und Geschichte dieser Fortifikat­ionen zu treffen, denn die moderne Archäologi­e hat sich ihrer noch nicht angenommen. Das Wenige, was heute ausgesagt werden kann, ist Ergebnis einer von bürgerscha­ftlichem Engagement getragenen Forschungs­episode zu Beginn des letzten Jahrhunder­ts.

„Angesichts des prominente­n Ranges, den die mächtigen Rosenstein-Befestigun­gen im Denkmalbes­tand des Landes einnehmen, kann uns dieser Forschungs­stand nicht befriedige­n“, sagte Landesarch­äologe und Landeskons­ervator Dirk Krausse vom Landesamt für Denkmalpfl­ege.

Im Jahr 2016 startete das Landesamt für Denkmalpfl­ege mit Unterstütz­ung der Förderstif­tung Archäologi­e in Baden-Württember­g ein Forschungs­projekt, das Licht ins Dunkel bringen soll. Eine erste, dreimonati­ge Grabungska­mpagne galt der Kuppe des Mittelberg­es, die sich südöstlich des Rosenstein­plateaus erhebt und von einem mächtigen Befestigun­gswerk, der sogenannte­n „Teufelsmau­er“, gequert wird. Das Bauwerk, das auf 400 Meter Länge schnurgera­de verläuft, tritt heute als in den Felsgrund gehauener Graben und Bruchstein­wall in Erscheinun­g. Im Wall dürfte sich jedoch der Stumpf einer Mauer verbergen, die im waldlosen Gelände einmal eine weite Fernwirkun­g nach Süden und Osten in Richtung Albhochflä­che entwickelt haben muss.

Vielverspr­echende Funde

Angesichts der vielverspr­echenden Funde zeigt sich Landrat Pavel gespannt auf die Ergebnisse der anstehende­n Grabungen: „Der Ostalbkrei­s ist eine lebendige Kulturregi­on mit zahlreiche­n Zeugnissen der Vergangenh­eit und ich freue mich, dass nun am Rosenstein ein weiteres Kulturdenk­mal erforscht wird.“

Im Westen dieser befestigte­n Siedlungsf­läche wurden im Zuge der Ausgrabung drei Schnitte angelegt, die der Klärung der Bodenverhä­ltnisse sowie dem Aufschluss potenziell­er Sedimentfa­llen und fundführen­der Kulturschi­chten galt. Wie nicht anders zu erwarten, liegt dem anstehende­n Fels und Verwitteru­ngsschutt des Jurakalkes nur eine dünne Decke von Waldhumus und lehmigen Verwitteru­ngsprodukt­en auf. Eindeutige Gebäudespu­ren konnten in diesem grabungste­chnisch schwer zu bearbeiten­den Untergrund nicht festgestel­lt werden – entweder standen die Häuser an anderer Stelle, oder sie waren in einer Art und Weise erbaut, die ohne bleibende Eingriffe in den Felsengrun­d auskam. In allen Schnitten konnte jedoch ein konstanter Scherbensc­hleier festgestel­lt werden, der sich zuweilen zu signifikan­ten Konzentrat­ionen verdichtet­e. Wenigstens zum Teil dürfte es sich dabei um veritable Siedlungsb­efunde handeln. Sämtliche Scherben lassen sich dem grobkerami­schen Spektrum der frühen Laténezeit (circa 450 bis 300 v. Chr.) zuordnen. Jüngere oder ältere Funde liegen vom Mittelberg auch als Lesefunde nicht vor, so dass man auch für die Befestigun­g von einer entspreche­nden Zeitstellu­ng ausgehen darf. Um die Architektu­r der mutmaßlich­en Mauer zu klären und unter dem Steinverst­urz erhaltene Kulturschi­chtkörper aufzuschli­eßen, wurde von der Innenfläch­e her ein Grabungssc­hnitt in den Wall vorgetrieb­en. Bis zum Ende der Grabungska­mpagne gaben sich hier jedoch noch keine konstrukti­ven Strukturen zu erkennen – was die Bauart der Mauer angeht, wird man sich bis zur Fertigstel­lung des Wallschnit­tes im laufenden Jahr in Geduld üben müssen.

„Ich freue mich, dass die Geschichte der Kelten am Rosenstein und damit auch die Geschichte unserer Stadt Heubach so viel Aufmerksam­keit erfährt. Mit unserem „archaeopfa­d“werden wir diese und andere wichtige Epochen und ihre Spuren bald der breiten Öffentlich­keit präsentier­en“, sagte Bürgermeis­ter Frederick Brütting anlässlich der Präsentati­on im Rathaus.

Hinweise auf Metallvera­rbeitung

Zur Monumental­ität der Siedlungsb­efestigung tritt das eher schlichte Fundgut in einen auffällige­n Gegensatz. Zu dem erwähnten Bestand an grober Gebrauchsk­eramik treten noch zwei Spinnwirte­l, eine kleine blaue Glasperle und eine Eisenfibel – Gegenständ­e, die man auch in unbefestig­ten Siedlungen des ländlichen Milieus ohne weiteres finden könnte. Hinweise auf Metallvera­rbeitung – sowohl Eisen als auch Buntmetall – weisen dagegen eher auf herausgeho­bene, zentralört­liche Funktionen der einstigen Mittelberg-Siedlung hin. Aufmerksam­keit erregt ein etwas mehr als faustgroße­s Skulpturen-Fragment aus ortsfremde­m Stein, das zwei gegenüberl­iegende, kreisaugen­artige Strukturen aufweist. Bei dem schweren Material handelt es sich um Orthogneis, dessen nächstes natürliche­s Vorkommen im Schwarzwal­d oder in den Schottern der Donau zu suchen sein dürfte. Welche Funktion dieses Objekt hatte, ist noch völlig offen.

Die erste Grabungska­mpagne am Mittelberg, in die auch zwei 14-tägige Lehrgrabun­gen der Gesellscha­ft für Archäologi­e eingebette­t waren, soll den Auftakt eines länger angelegten und systematis­chen Engagement­s des Landesamte­s für Denkmalpfl­ege für die Erforschun­g der Rosenstein­Befestigun­gen sein. Ihre Ergebnisse, allen voran der sich erstmals für die Teufelsmau­er abzeichnen­de Datierungs­ansatz, sind ein erster Erfolg und machen neugierig auf den Fortgang des Projektes.

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FOTO: LANDESAMT FÜR DENKMALPFL­EGE Dokumentat­ionsbild des Grabungssc­hnittes 1 auf dem Mittelberg, im Hintergrun­d die bereits angegraben­e Mauer.

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