Löws wahre Hoffnungsträger
Im Schatten des Confed Cups spielt die talentierte U21 ihre EM – heute gegen Dänemark
(falx/dpa/SID) - Fußballerisch ist 2017 ein Zwischenjahr. Während die Sommer in derlei Jahren zwischen WM und EM normalerweise mit anderen Freizeitbeschäftigungen gefüllt werden müssen als Fußball, kann der geneigte Fußballfan derzeit gleich zwischen zwei Teams mit dem Adler auf der Brust wählen – so er denn will.
Bundestrainer Joachim Löw nutzt den Confed Cup in Russland vor allem dazu, vor einem Millionenpublikum seinen Perspektivkader auf WM-Tauglichkeit zu überprüfen – und Helden aus der zweiten Reihe etwas Spielpraxis zu gönnen. Gleichzeitig läuft in Polen ein zweites Turnier, das DFB-Präsident Reinhard Grindel zuletzt als das „wichtigere Turnier“in diesem Sommer bezeichnete: die U21-EM in Polen.
Löw mag in Russland einen Perspektivkader um sich versammelt haben mit einigen durchaus interessanten Spielern. Doch die wahren Hoffnungsträger für die Zukunft des deutschen Fußballs sind in Polen zu Gange. Die Mannschaft von Trainer Stefan Kuntz will den Titel und den Coup der Klasse von 2009, der Goldenen Generation um Sami Khedira und Co, wiederholen.
Max Meyer, Schlüsselspieler und Offensivkraft von Schalke 04, richtete gestern aber den Blick auch auf die Konkurrenz: „Ich glaube, Spanien ist der Topfavorit. Man weiß ja, welche Namen da mitspielen. Wir sind Mitfavorit“, sagte der Mittelfeldspieler über die mit Jungstars wie Marco Asensio (Real Madrid) und Saúl Niguez (Atlético Madrid) gespickten Iberer, „aber wenn wir das Turnier gewinnen wollen, müssen wir Spanien schlagen. Natürlich trauen wir uns das zu.“
Doch davor muss Deutschland erst einmal Dänemark schlagen (20.45/ZDF). Und Patzen ist bei diesem Turnier verboten. Die U21-EM ist nämlich auch das härteste Turnier, das man sich vorstellen kann: Drei Vierergruppen, aus denen nur die Gruppensieger und ein Gruppenzweiter die Halbfinals erreichen. Und dazu Mannschaften, voll mit zwar sehr jungen, aber eben auch schon gestandenen Akteuren: Etwa Portugals Europameister und Bayern-Hoffnung Renato Sanches, Dortmund-Neuzugang Mahmoud Dahoud, Italiens Torwarthoffnung Gianluigi Donnarumma oder eben Mayer – die Teams sind gespickt mit Stammkräften Europäischer Topvereine.
Vor dem Gruppen-Showdown gegen Italien – neben Portugal, Deutschland und Spanien noch so ein Turnierfavorit – drei Tage später möchte die Kuntz-Elf heute möglichst viele Tore erzielen. „Die Chancen müssen wir nutzen, damit wir uns ein gutes Torverhältnis erspielen“, forderte Meyer. „Das kann am Ende sehr wichtig sein.“
Sollte das gelingen, ist innerhalb weniger Spiele der ganz große Wurf drin. „Der Modus gibt es her, dass man in fünf Spielen das Turnier gewinnen kann“, ergänzt Außenverteidiger Yannick Gerhardt.
Kein Wunder also, dass Meyer nach dem nicht gerade souveränen Auftaktsieg „eine klare Leistungssteigerung ankündigt. „Man kann sich auf die nächsten Spiele freuen“, sagte der 21-Jährige.
Meyer, neben Serge Gnabry, Jeremy Toljan und Davie Selke einer von vier Olympia-Silbermedaillengewinnern von Rio im Team, will in Polen den nächsten Erfolg im Nationaltrikot feiern. Nach einer schwierigen Saison beim FC Schalke 04 blüht Meyer bei der U21 auf. „Ich fühle mich hier einfach pudelwohl und bekomme das Vertrauen vom Trainer“, sagte er. „Wir spielen uns viele Chancen heraus, so komme ich gut ins Spiel rein und treffe auch ab und zu mal.“Falls der angeschlagene Niklas Stark spielen kann, dürfte Kuntz gegen die Dänen auf die gleiche Startelf wie schon im ersten Spiel setzen. Seine Führungsspieler wie Meyer sind für den Coach ohnehin unverzichtbar. „Diese Spieler haben unter Beweis gestellt, dass sie hier eine Führungsrolle übernehmen und in den wichtigen Momenten versuchen, die Akzente zu setzen“, lobte der Auswahlcoach.
Die Motivation dafür dafür holen sich die U21-Fußballer täglich auf dem Weg zum Essensraum. „Zeigt's Dänen“steht hier auf kleinen Motivations-Plakaten. Und das müssen die Kicker auch, wie Meyer noch einmal betont: „Bei einem Fehler kann alles vorbei sein. Das ist jedem bewusst.“