Die Krieger wollen Geschichte schreiben
Arturo Vidal, Alexis Sánchez und Co gelten als Favoriten in Russland
(SID) - Das Haar weiß und schütter, das Gesicht faltig, Nase und Ohren deutlich länger: Für einen TVWerbespot in der Heimat hat sich Chiles Superstar Alexis Sánchez auf alt trimmen lassen. Dazu schwelgt er schon einmal in Erinnerung an den Confed Cup 2017. „Ein komplizierter Auftakt. Dann kam Deutschland, unvergesslich. Und den Rest der Geschichte kennt jeder“, erzählt der 80Jährige Werbeclip-Sánchez seinem Werbeclip-Enkel vom Triumphzug in Russland.
Nach dem recht mühevollen Turniereinstand gegen Kamerun (2:0) suchen Sánchez und seine Kollegen vom Copa-América-Champion am Donnerstag in Kasan (20 Uhr/ARD) gegen Deutschland das nächste Stück Wahrheit hinter der Fiktion. Es wird ein Generationenduell. Chile ist die Mannschaft mit dem ältesten Kader im Turnier, 29 Jahre und einen Monat sind die Latinos im Durchschnitt alt. Deutschland tritt mit einem Perspektivkader (Durchschnittlicher: 24 Jahre und vier Monate) an. Auch die Favoritenrolle ist eher ungewohnt: Hier Turnierfavorit Chile, dort der Weltmeister, der sich zum Außenseiter stilisiert hat.
„Dies ist die Gelegenheit, einen neuen Meilenstein für Chile zu setzen“, sagte der frühere Hamburger Marcelo Diaz vor dem Spiel. Er gehört einem Team an, das in der Heimat als „goldene Generation“gefeiert wird. Die größten Stars: Sánchez, Bayern Münchens Mittelfeld-Motor Arturo Vidal, Torwart-Routinier Claudio Bravo von Manchester City, Leverkusens Charles Aranguiz und der frühere Hoffenheimer Stürmer Eduardo Vargas. Teil der Wahrheit ist aber auch, dass Trainer Juan Antonio Pizzi für den Umbruch die Alternativen und Talente fehlen.
Die Copa-América-Triumphe 2015 und 2016, jeweils gegen Lionel Messis Argentinien, haben die eingespielten Südamerikaner nun aber zunächst zum Favoriten auf den Gewinn des Confed Cups gemacht. Der Auftaktsieg des Vierten der Weltrangliste am Sonntag gegen Kamerun war wie viele der letzten Erfolge an die drei bekanntesten Namen geknüpft. Sánchez kam mit geschwollenem Knöchel erst nach knapp einer Stunde rein, leistete aber die Vorarbeit zu den Toren von Vidal, später zum Spieler des Spiels gekürt, und Vargas.
Vor allem Vargas, der nicht nur in Hoffenheim enttäuschte und mittlerweile leidlich erfolgreich in Mexiko für Tigres UANL auf Torejagd geht, trifft regelmäßig im Trikot seiner Nationalmannschaft. Bei der La-Roja ist der in der Heimat „Turbomann“genannte die pure Torgefahr. Nach Länderspieltreffern zog er am Sonntag mit seinem Idol Ivan „Bam-Bam“Zamorano gleich; nur noch drei Tore fehlen ihm auf Sánchez und den einst als „El Matador“gefürchteten Marcelo Salas (beide 37 Tore).
Wieso die Chilenen als die Krieger unter den Fußballern gelten, bewiesen sie erst beim Training der Reservisten am Montag wieder: Sánchez, der noch immer als Wunschkandidat des FC Bayern München gilt, aber wohl zu teuer ist, trainierte trotz lädierten Knöchels voll mit, Bravo forcierte seinen lädierten Wadenmuskel, um nach dem Ausfall gegen Kamerun wieder ins Tor zurückzukommen. Damit der Werbespot keine Illusion bleibt. Denn als sein Enkel ihn dort zum Schluss fragt: „Und du? Wo warst du?“, antwortet der gealterte Werbespot-Sánchez mit einem zufriedenen Lächeln: „Ich schrieb Geschichte mit.“