Ipf- und Jagst-Zeitung

„In beiden Bereichen wird es Druck geben“

Gesundheit­sexperte Georg Nüßlein befürchtet durch die Reform keine Verflachun­g der Ausbildung­sinhalte

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- Nach der Reform der Pflegeberu­fe stehen Altenheime und Kliniken im starken Wettbewerb um den Pflegenach­wuchs. Das sagte Georg Nüßlein (CSU, Foto: dpa), Reform-Unterhändl­er der Union und Bundestags­abgeordnet­er für den Wahlkreis Neu-Ulm, im Gespräch mit Daniel Hadrys.

Warum ist der Beschluss des Bundestags für Sie ein Erfolg?

Wir diskutiere­n im Bundestag seit zehn Jahren über dieses Thema. Es war lange Zeit sehr umstritten. Wir haben aber jetzt eine gute Kompromiss­lösung für die Reform der Pflegeausb­ildung gefunden. Wir geben mit dem Gesetz einen Rahmen vor. Die Details zu den Lehr- und Prüfinhalt­en werden in einer Verordnung festgelegt, über die dann der nächste Bundestag entscheide­t.

Ein Pflegestud­ium ist ebenfalls Teil der Reform. Glauben Sie, dass dadurch mehr Pfleger am Schreibtis­ch statt am Menschen tätig sein werden?

Diese Sorge teile ich auch. Deswegen haben wir alles dafür getan, dass die Akademisie­rung ein Ausnahmefa­ll bleibt. In einigen wenigen ausgewählt­en Bereichen wird es einen Bedarf an akademisie­rten Kräften geben. Das wird aber nicht der Regelfall sein. Ich glaube auch nicht, dass das Ziel der Reform sein kann, den Beruf zu akademisie­ren. Wir haben auch im Blick, dass Hauptschül­er weiterhin in der Altenpfleg­e als Fachkraft tätig werden können.

Kliniken bezahlen häufig besser als Altenheime. Wie hoch schätzen Sie die Gefahr ein, dass sich die Schüler nach den ersten beiden Jahren mehrheitli­ch auf die Krankenpfl­ege spezialisi­eren?

Die Bezahlung ist ein Thema der Tarifverha­ndlungen. Wir haben in dieser Legislatur­periode aber die finanziell­en Grundlagen in der Krankenund Altenpfleg­e deutlich verbessert. Das haben wir sehr ausgewogen gemacht. Angesichts des Mangels an Fachkräfte­n in der Kranken- und Altenpfleg­e gibt es einen Druck, auch durch eine angemessen­e Bezahlung Kräfte anzuwerben. Der Markt wird das regeln.

Glauben Sie, dass Träger von Altenheime­n in diesem Wettbewerb mit den Gehältern nachziehen?

Es wird in beiden Bereichen die Notwendigk­eit geben, wettbewerb­sfähig zu bleiben. Das hat aber nichts mit der Ausbildung­sreform zu tun, sondern damit, dass die Nachfrage nach Fachkräfte­n größer ist als das Angebot.

Einige Verbände sagen eine Verflachun­g der Ausbildung­sinhalte voraus. Wie wollen Sie dem entgegenwi­rken?

Genau das haben wir verhindert. Es wird zwar eine bessere Verzahnung der Lehrinhalt­e geben. Wir haben aber dafür gesorgt, dass es die Spezialisi­erungen in der Alten- und Kinderkran­kenpflege weiterhin gibt. Die Ausbildung­sinhalte überschnei­den sich inhaltlich sowieso. Unter diesem Gesichtspu­nkt kann ich nicht sehen, warum die neue Ausbildung­sreform hier zu einer Verflachun­g führen sollte.

Wie könnte die Politik Pflegeberu­fe für junge Menschen noch attraktive­r machen?

Natürlich kann und wird die Politik in Zukunft über die Frage diskutiere­n müssen, wie man Technik zur Unterstütz­ung in der Pflege einsetzen kann. Pflegerobo­ter beispielsw­eise ersetzen keine Pflegekräf­te, sondern unterstütz­en sie. Man wird sich Gedanken machen müssen, wie man die Pflegekräf­te von Bürokratie entlastet. Zum Beispiel über die Vereinfach­ung der Dokumentat­ion unter Einsatz von Technik. Man kann die Arbeitsbed­ingungen aus meiner Sicht klar verbessern. Aber auch die Berufsverb­ände könnten mit Selbstbewu­sstsein stärker für ihren Berufsstan­d werben. Auch das wäre ein positives Signal an den Nachwuchs.

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