EU-Gipfel sendet Signale der Einigkeit und des Aufbruchs
Ausbau der militärischen Zusammenarbeit – Wirtschaftssanktionen gegen Russland werden verlängert
- Engere Zusammenarbeit beim Kampf gegen den Terrorismus und bei der Verteidigungspolitik – in Rekordzeit arbeiteten die 28 EU-Regierungschefs am Donnerstag den ersten Teil ihrer Tagesordnung ab. Ganz im Sinne des erstmals anwesenden neuen französischen Präsidenten, der „ein Europa, das seine Bürger schützt“zum Leitbild der politischen Arbeit machen will, einigten sich die Gipfelteilnehmer auf einen europäischen Verteidigungsfonds, besseren Informationsaustausch über terroristische Gefährder und eine strengere Kontrolle sämtlicher Reisender, die den SchengenRaum betreten oder verlassen. Auch die Wirtschaftssanktionen gegen Russland wegen der Ukraine-Krise sind verlängert worden.
Angela Merkel (CDU) und Emmanuel Macron stellten ihre enge Absprache im Vorfeld des Gipfels heraus. „Wir wollen die deutsch-französische Achse wiederbeleben, ohne die anderen auszuschließen“, erklärte Macron. „Wenn sich Deutschland und Frankreich nicht einig sind, geht es selten voran.“Gemeinsam arbeite man an einem Fahrplan für Europa und die Eurozone. Schon in zehn Tagen sehe er Merkel wieder bei der Trauerzeremonie für Helmut Kohl in Straßburg. Danach reise er nach Hamburg zum G20-Treffen. Am 13. Juli gebe es eine gemeinsame Kabinettssitzung der deutschen und französischen Regierungsmitglieder.
Auch Angela Merkel betonte, dass die gute Vorarbeit und enge Absprache zwischen deutschen und französischen Fachbeamten dazu beigetragen habe, dass die erste Arbeitssitzung so schnell und erfolgreich abgeschlossen werden konnte.
Auf Ratspräsident Donald Tusk schien sich der Elan des Neuankömmlings ebenfalls zu übertragen. Er bekannte, er träume noch immer davon, dass die Briten ihre Austrittsentscheidung rückgängig machten.
Die britische Premierministerin Theresa May hat zugesichert, dass Großbritannien nach dem EU-Austritt keinen im Land lebenden EUBürger ausweisen wird. Es war das erste Mal, dass die britische Regierungschefin konkrete Angaben zu diesem Thema machte. Zugleich lehnte May die Forderung ab, dass der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) für etwaige Streitfragen im Fall von in Großbritannien ansässigen EU-Bürgern zuständig sein soll. Allein die „sehr angesehenen Gerichte“in ihrem Land könnten in solchen Fällen entscheiden, sagte May. Tusk hatte ihr die Redezeit eingeräumt, aber auch deutlich gemacht, dass es dazu keine Aussprache geben werde. Damit halten sich die zurückbleibenden 27 EU-Regierungen streng an ihre verabredete Linie. Über den Brexit wird nur gesprochen, wenn die Briten den Raum verlassen haben.
Am späten Abend wollten sich die Teilnehmer auf eine Prozedur verständigen, wie die neuen Standorte für die aus London abziehenden wichtigen Agenturen für Medikamentenkontrolle und Bankenaufsicht bestimmt werden sollte. Ein Sprecher Tusks hatte im Vorfeld erklärt, da man nicht über die Gabe der wundersamen Brotvermehrung verfüge, sei ein Auswahlverfahren unabdingbar. Man könne sich nicht wie früher den Luxus nächtelanger Feilschereien erlauben. Erst am Ende des Gipfels am Freitagnachmittag wird man sehen, ob dieser Plan aufgegangen ist. An den Agenturen hängen Arbeitsplätze und Fördergeld.