Kritik an geplantem Abschiebeflug nach Afghanistan
Nächste Woche soll Chartermaschine starten – Zahlreiche Tote bei Anschlag in der Provinz Helmand
(KNA) - Die Bundesregierung setzt die Abschiebeflüge nach Afghanistan offenbar fort. Am kommenden Mittwoch soll laut Medienberichten eine weitere Chartermaschine starten. Nach Informationen von NDR und „Spiegel“laufen die Vorbereitungen.
Das Bundesinnenministerium wollte den Flug weder bestätigen noch dementieren. Das Ministerium verweist demnach darauf, dass die Abschiebungen nach Afghanistan nicht komplett ausgesetzt seien. Straftäter, Gefährder und Menschen, die ihre Identität nicht preisgeben wollen, dürften weiter dorthin zurückgeführt werden.
Von der Opposition, aber auch von der CSU kam Kritik. So sprach sich die stellvertretende CSU-Vorsitzende Barbara Stamm gegen Abschiebungen nach Afghanistan aus. „Zweifel sind berechtigt“, sagte die Landtagspräsidentin dem „Münchner Merkur“(Freitag) über die bisherige Linie der Bundesregierung und ihrer Partei, nach der solche Rückführungen abgelehnter Asylbewerber vertretbar sind. „Ich glaube nicht, dass diese Bewertung für Afghanistan standhält.“Stamm verwies auf immer wieder verübte Anschläge, vor allem in Kabul.
Erst am gestrigen Donnerstag sind bei einem Autobombenanschlag auf eine Bank in der bitter umkämpften südafghanischen Provinz Helmand mindestens 26 Menschen getötet und 59 verletzt worden. Das sagte der Polizeichef der Provinz. Experten fürchten eine weitere Zunahme der Gewalt. Unter den Opfern seien Lehrer, Soldaten und Polizisten. Sie hätten Schlange gestanden, um ihr Gehalt abzuholen.
Kritik der Opposition
Grüne und Linke bezeichneten Afghanistan-Abschiebungen als unverantwortlich. „Sollte die Bundesregierung tatsächlich in der kommenden Woche wieder Menschen abschieben lassen, dann handelt sie fahrlässig gegenüber dem Leben und der Gesundheit der Abzuschiebenden“, so die innenpolitische Sprecherin der Linken, Ulla Jelpke. Die GrünenParteivorsitzende Simone Peter bezeichnete diese Abschiebungen als inhuman und zynisch. Die Bundesregierung dürfe die Sicherheitslage in Afghanistan nicht länger verharmlosen und müsse einen neuen Lagebericht vorlegen.
Menschenrechtler forderten unterdessen, die bevorstehende Abschiebung zu stoppen. „Es ist unfassbar und unerträglich, dass entgegen aller Fakten der nächste Flieger starten soll“, sagte Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl.
Der geltende Beschluss der Bundesregierung lässt laut der Organisation viele Interpretationsspielräume für weitere Abschiebungen zu. Dehnbar sei zum Beispiel der Begriff der „Ausreisepflichtigen, die hartnäckig ihre Mitwirkung an der Identitätsfeststellung verweigern“.