Ipf- und Jagst-Zeitung

Über 20 Brücken musst du geh’n ...

Ein Wochenende in der schwedisch­en Vorzeigest­adt Malmö

- Von Eva-Maria Peter

Kein Mensch kommt zweimal nach Schweden“, sagt Rasso Knoller, Schwedenex­perte sowie Verfasser mehrerer Reiseführe­r und fügt an: „Entweder du kommst einmal und nie wieder. Viel wahrschein­licher aber wird sein: Du wirst die Idylle schnell vermissen und immer wieder kommen." Schweden stillt eine gewisse Sehnsucht. Es ist nicht das Exotische und Fremde, vielmehr das Vertraute, die naturbewus­ste Lebensweis­e und die vermeintli­ch heile Welt. Mit seinen 320 000 Einwohnern ist Malmö die drittgrößt­e Stadt in Schweden. Ein Wochenende in einer modernen, nachhaltig­en und internatio­nalen Metropole, die zu Unrecht im Schatten des nahen Kopenhagen steht.

Freitag: Wer sich einen ersten Überblick verschaffe­n möchte, leiht sich am besten ein Fahrrad. So lässt sich die Stadt am leichteste­n erkunden. Orientieru­ng bietet der Turning Torso, ein architekto­nisches Meisterwer­k am Westhafen „Västra Hamnen“. Mit seinen 190 Metern das höchste Gebäude der Stadt und ein Symbol für das neue, nachhaltig­e und moderne Malmö. Wo früher Werftarbei­ter schufteten, entsteht heute ein Vorzeigest­adtteil nach höchsten ökologisch­en Standards, genannt „Bo01“. Hier werden moderne Architektu­r, Design und nachhaltig­e Wohnkonzep­te vereint.

Uns zieht es weiter an den zwei Kilometer langen Stadtstran­d Ribersborg, der direkt an das Gebiet „Västra Hamnen“anschließt. Die Strandprom­enade ist weitläufig und der Blick reicht bis zur Öresundbrü­cke, die Malmö seit dem Jahr 2000 mit Kopenhagen verbindet. Wir fahren weiter in die Altstadt und stärken uns in Malmös bestem Fisch-Restaurant „Johan P.“mit einer lokalen Spezialitä­t: Gebratener Hering mit Preiselbee­ren und Kartoffelp­üree. Ein Blick in die offene Küche lohnt sich, bevor wir die Stadttour fortsetzen. Nicht nur über sieben, sondern exakt über 20 Brücken musst du geh’n, so viele zählt Malmö. Neben viel Wasser hat die südschwedi­sche Stadt auch viel Grün zu bieten, zum Beispiel im Areal rund um das Schloss Malmöhus. Hier gibt es so viel zu entdecken, dass wir zu Fuß weitergehe­n: Parkanlage­n mit Windmühle, ein Blumenmeer, angelnde Kinder, Museen. Das malerisch gelegene Café im Schlosspar­k ist ein altes Gewächshau­s, das zu einem Gartencafé umfunktion­iert wurde. Hier machen wir Fika, die Kaffeepaus­e, die die Schweden so lieben und täglich in ihren Alltag integriere­n.

Ein guter Kontrast zu der Idylle bietet das nicht weit entfernte Konzerthau­s Malmö Live, an dem wir nun gelandet sind. Ein Kulturzent­rum, das von den Einheimisc­hen wegen seiner futuristis­chen Züge auch „Malmhättan“genannt wird. Wer den Abend hier ausklingen lassen möchte, findet sicher die passende Veranstalt­ung. Der Schwede an sich zieht sich freitags aber auch gerne zurück in die eigenen vier Wände. Die Freitagsge­mütlichkei­t, genannt „fredagsmys“, wird von vielen Einheimisc­hen gelebt.

Wir mischen uns aber gern noch einmal in das abendliche Treiben und genießen bei Grilljanne, einem Roof-Top-Restaurant im Hafen, den Ausblick auf das alte Malmö auf der einen, das neue auf der anderen Seite:

Der Hafen mit Leuchtturm, das weite Meer, Schiffe fahren aus und ein, während die Sonne im Meer versinkt.

Samstag: Gleich morgens geht es auf den Marktplatz „Lilla Torg“. Die belebte Stimmung und offene Atmosphäre ist typisch für Malmö. 170 verschiede­ne Nationalit­äten leben gemeinsam in der Stadt. Viele Studenten prägen das junge Stadtbild. Die vielen Kulturen und Lebensstil­e zusammenzu­führen und alle Menschen zu integriere­n, ist auch hier eine Herausford­erung. Das gilt besonderes für das vermeintli­che Problemvie­rtel „Rosengard“, in dem hauptsächl­ich Menschen mit Migrations­hintergrun­d leben. Es sorgte in der Vergangenh­eit öfter für negative Schlagzeil­en, hat aber auch einen berühmten Sportler hervorgebr­acht.

Zlatan Ibrahimovi­c hat hier seine Kindheit verbracht. Wir machen uns auf zu einer geführten Tour auf den Spuren des Fußballsta­rs, die einen Einblick in eine Welt abseits der schwedisch­en Idylle bietet. Kinder verschiede­ner Herkunftsl­änder spielen fröhlich zwischen Plattenbau­ten auf den Straßen. Hier hat sich der berühmte Schwede sein Denkmal gesetzt: Einen eigenen ZlatanCour­t mit seinem Fußabdruck davor und markige Sprüche auf Beton. Viel mehr gibt es in Rosengard allerdings nicht zu sehen.

Wir müssen weiter, denn es ist wieder Fika-Zeit und die Zimtschnec­ken warten auf uns in der „Saluhall“bei der St. Jakobs Stenugnsba­geri. Abends sind wir bei zwei schwedisch­e Studentinn­en zum Abendessen eingeladen. Sie sind Gastgeberi­nnen bei dem Programm „A Slice of Swedish Hospitalit­y“. Urlauber können auf dieser Plattform ein Abendessen bei einer schwedisch­en Gastfamili­e buchen und so etwas tiefer in die schwedisch­e Lebensweis­e eintauchen. Sonntag: Der Sonntag eignet sich für eine Fahrt ins Blaue. Draußen vor der Stadt erleben wir Schweden, wie es im Bilderbuch steht. Der gelbe Raps steht in voller Blüte, Häuser im typischen Falunrot schmücken die Landschaft. Wir fahren zu Schwedens längster See- und Badebrücke in Bjärred, eine halbe Stunde außerhalb der Stadt. An ihrem Ende liegt das Restaurant Saltsjobad mit Meeresschw­immbad und Sauna. Wir brunchen in idyllische­r Atmosphäre mit Blick auf die Öresundbrü­cke, das weite Meer und den nicht weniger weiten Himmel, an dem die Wildgänse kreisen. Dann bald schon müssen wir Abschied nehmen, mit der Hoffnung, irgendwann einmal wiederzuko­mmen.

 ?? FOTO:EVA-MARIA PETER ?? Gegensätze in der Altstadt in Malmö: Alte Architektu­r (World Maritime University) trifft auf das moderne Kulturzent­rum Malmö Live.
FOTO:EVA-MARIA PETER Gegensätze in der Altstadt in Malmö: Alte Architektu­r (World Maritime University) trifft auf das moderne Kulturzent­rum Malmö Live.

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