May kann mit ihrem Angebot nicht landen
Status der EU-Bürger in Großbritannien nach dem Brexit bleibt strittig
(dawe) - Nicht gut genug – so schmetterte EU-Ratspräsident Donald Tusk das Angebot ab, das Britanniens Premierministerin Theresa May beim Gipfeltreffen in Brüssel machte, bevor sie aus dem Saal komplimentiert wurde. Den in Großbritannien lebenden EU-Bürgern sicherte sie ein Bleiberecht zu – schwieg sich aber darüber aus, welcher Stichtag gelten soll und wo die Betroffenen ihre Rechte einklagen können. Eine fortdauernde Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs lehnt May ausdrücklich ab.
Die Britin sah sich erneut einer Einheitsfront aus 27 EU-Staaten gegenüber. Vor Beginn des Gipfels kündigte sie selbstbewusst „ein sehr faires und sehr ernsthaftes Angebot für die EU-Bürger, die im Vereinigten Königreich leben“an. Am Abend verließ sie das Treffen grußlos und mit verkniffenem Gesicht. Tusk hatte ihr zwar die Möglichkeit eingeräumt, ihr Angebot vorzutragen, anschließend aber jede Reaktion der anderen Teilnehmer und damit jede Debatte unterbunden. Die EU bleibt eisern bei ihrer Linie, das Kleingedruckte ihrem Chefunterhändler Michel Barnier zu überlassen. Über den Brexit wird, wenn überhaupt, nur im Kreis der 27 gesprochen.
Strahlende Erfolgsgeschichte
Da allerdings, so wurden am Freitag weder die Bundeskanzlerin noch andere Gipfelteilnehmer müde zu betonen, habe man deutlich Wichtigeres zu tun. Es gehe um die Zukunft der EU, nicht um ihre Vergangenheit, erklärte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Vom Ratspräsidenten über den Kommissionschef bis zu den meisten Regierungschefs schienen sich alle verabredet zu haben, die EU nach einer Phase des Niedergangs nun doch wieder als strahlende Erfolgsgeschichte zu verkaufen. 230 Millionen Menschen seien in Arbeit – so viele wie noch niemals zuvor in der Geschichte der Union, rechnete Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker stolz vor. Die Wirtschaftsdaten scheinen ihn zu beleben, denn er wirkte zum ersten Mal seit Monaten nicht ganz so grau und abgehärmt.
Ratspräsident Tusk, der noch zu Gipfelbeginn den Beatlessong „Imagine“angestimmt und laut davon geträumt hatte, Großbritannien möge seine Austrittsentscheidung überdenken, hielt es am zweiten Gipfeltag mit Juncker. Der hatte „Let It Be“als Motto vorgegeben: „Mein erster Eindruck ist, dass das britische Angebot hinter unseren Erwartungen zurückbleibt.“Nun warte man auf eine schriftliche Erläuterung, die für Montag angekündigt ist. Mehrere Gipfelteilnehmer wiesen leicht süffisant darauf hin, dass die EU ihr detailliertes Angebot für auf dem Kontinent lebende Briten schon vor Monaten vorgelegt habe.
Wir sind entscheidungsstark, gut abgestimmt und einig, lautet die Botschaft. Ihr Briten hingegen seid zerstritten, schwach und wisst nicht, was ihr wollt.