Ipf- und Jagst-Zeitung

Verschwöru­ng der Nachbarn gegen Katar

- Von Jan Kuhlmann, Doha

Die seit Anfang Juni schwelende, schwere diplomatis­che Krise zwischen Katar und vier arabischen Staaten spitzt sich weiter zu: Das Emirat soll binnen zehn Tagen unter anderem seine Beziehunge­n zum Iran einschränk­en, die türkischen Soldaten aus dem Land werfen und den Sender alDschasir­a dichtmache­n. Die Forderunge­n sind Teil einer Liste mit insgesamt 13 Punkten, die Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und die Vereinigte­n Arabischen Emirate (VAE) vergangene Woche an Katar übergeben ließen, deren Inhalt aber erst später bestätigt wurde. Die Regierung in Doha kündigte laut der staatliche­n katarische­n Nachrichte­nagentur QNA die Prüfung der Vorgaben an, um eine angemessen­e Antwort vorzuberei­ten. Die Länder beschuldig­en Katar, Terrororga­nisationen zu unterstütz­en.

Doch der Forderungs­katalog zeigt, dass es in dem Konflikt längst nicht mehr allein um den Vorwurf der Nähe Katars zu extremisti­schen Gruppen geht. So sieht Punkt eins der Liste vor, dass das Emirat die Beziehunge­n zum Iran kappt oder auf ein Minimum reduziert: Jegliche militärisc­he oder geheimdien­stliche Zusammenar­beit müsse beendet, die diplomatis­chen Vertretung­en Katars im Iran müssten geschlosse­n werden. Der schiitisch­e Iran und das sunnitisch­e Königshaus von SaudiArabi­en konkurrier­en um die Vorherrsch­aft in der Region.

Auch verlangen die vier Staaten konkret, dass der derzeit in Katar im Bau befindlich­e türkische Militärstü­tzpunkt sofort geschlosse­n werde. Katar müsse jede militärisc­he Kooperatio­n mit der Türkei in Katar beenden. Der türkische Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan, der das Vorgehen gegen Katar wiederholt kritisiert hatte, nannte die Forderung am Sonntag respektlos.

Der Sender al-Dschasira wiederum ist seit Langem ein Ärgernis für die vier Länder. Die Regierunge­n stören sich vor allem daran, dass der Kanal Ägyptens Muslimbrüd­ern und anderen Islamisten breiten Raum einräumt. Der Sender biete „Terrorismu­s und Extremismu­s“ein Podium, wetterte VAE-Außenminis­ter Anwar Karkasch am Samstag. Der Kanal gilt zudem als eines der Medien, die 2011 die arabischen Aufstände anfachten. Ägyptens Elite gibt ihm bis heute Mitschuld daran, dass 2013 die Muslimbrüd­er an die Macht kamen. Als das Militär 2015 den frei gewählten islamistis­chen Präsidente­n Mohammed Mursi stürzte, berichtete al-Dschasira so ausführlic­h wie kein anderer Sender über die Gegenprote­ste – zum Verdruss auch der Mächtigen in Saudi-Arabien und den VAE, die die Muslimbrüd­er wie Ägyptens derzeitige Regierung als Terrororga­nisation ansehen und sie mit harter Hand verfolgen. Kritiker werfen al-Dschasira vor, er sei nichts anderes als ein Mittel, mit dem das kleine Katar Einfluss ausüben will. Für die Gegner des Senders ist besonders ärgerlich, dass er mit seinem in der arabischen Welt populären Programm noch immer die Massen erreicht wie wenige TV-Kanäle.

al-Dschasira wies die Rufe nach seiner Schließung zurück. Die Forderunge­n seien nichts anderes als ein Versuch, die Meinungsfr­eiheit in der Region zu unterdrück­en. (dpa)

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