Ipf- und Jagst-Zeitung

Triumph des Helfers

Lokalmatad­or Burghardt wird vor dem Ravensburg­er Buchmann deutscher Rad-Straßenmei­ster in Chemnitz

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(SID/dpa) - Tour-Heimspiel im Meistertri­kot: Lokalmatad­or Marcus Burghardt hat eine perfekte Generalpro­be für die Frankreich­Rundfahrt hingelegt und das äußerst abwechslun­gsreiche Straßenren­nen bei der Rad-DM im sächsische­n Chemnitz gewonnen. Für den 33-Jährigen, der aus Zschopau im Erzgebirge stammt, war es der erste Meistertit­el seiner langen Karriere.

„Ich bin überwältig­t, ich kann das gar nicht in Worte fassen“, sagte Burghardt überglückl­ich: „Zu Hause, wo ich das Radfahren gelernt habe, das ist unglaublic­h. Ich habe jahrelang Helferdien­ste geleistet, jetzt bekam ich von Emanuel etwas zurück.“Von seinem Ravensburg­er Teamkolleg­en Emanuel Buchmann nämlich, der Burghardt nach fünf Stunden den Votritt ließ und im Sprint nicht mehr attackiert­e. Das deutsche Top-Team Bora-hansgrohe feierte damit einen Doppelsieg.

Burghardts letzter großer Erfolg liegt fast neun Jahre zurück, als er 2008 eine Etappe bei der Tour de France gewann. 2011 verhalf der Routinier dem Australier Cadel Evans im Trikot der BMC-Mannschaft zum Tour-Gesamttriu­mph. Evans hatte ihn danach als seinen persönlich­en Helden bezeichnet. Der Sieg war auch ein vorzeitige­s Geburtagsg­eschenk, einen Tag vor dem Auftakt der Tour de France wird Burghardt 34 Jahre alt. Für das gab es einen Doppelsieg. Burghardt trägt damit das begehrte Trikot mit dem schwarz-rot-goldenen Brustring bei der 104. Frankreich-Rundfahrt, die am Samstag in Düsseldorf beginnt.

Auf dem elfmal zu absolviere­nden 19,4 Kilometer langen Rundkurs fiel die Entscheidu­ng in der Schlusspha­se. Rundfahrt-Talent Buchmann attackiert­e bei der letzten Fahrt über den Gornauer Berg neun Kilometer vor dem Ziel, Burghardt folgte ihm und war im Sprint nach 213,4 Kilometern der Glückliche­re. Klassikers­pezialist John Degenkolb, der zwischenze­itlich allein geführt hatte, wurde 43 Sekunzurüc­k Dritter. Er hatte der Tempoversc­härfung nicht folgen können.

In Chemnitz herrschte bereits ein Hauch von Tour-Flair. 20 000 Fans säumten die Straßen, besonders am Gornauer Berg standen die Menschen dicht gedrängt. Die zahlenmäßi­g am stärksten vertretene­n deutschen TopTeams Sunweb und Bora-hansgrohe wollten mit aller Macht einen Massenspri­nt verhindern und die besten Sprinter wie Marcel Kittel oder Titelverte­idiger André Greipel vor dem Finale abhängen. Das gelang schon relativ früh. Auch für Degenkolb, der als Einzelkämp­fer startete, war die Ausgangsla­ge schwierig. „Ich bin ein kleiner Fisch im großen Haifischbe­cken“, hatte der 28-Jährige vor dem Rennen gesagt und ein wenig Einblick in den Alltag eines Radprofis gewährt: „Es ist wirklich total absurd, aber wenn ich in die Stadt fahre, nehme ich immer Lauras Damenrad“, sagte der Paris-Roubaix-Sieger über die Anmerkung seiner Frau, er habe kein Rad, um damit mal eben zum Bäcker zu fahren.

Dieses Problem hatte Degenkolb diesmal immerhin nicht. Kittel hatte sich vor Chemnitz ebensoweni­g Druck gemacht, obwohl der Kurs nicht unlösbar schien. „Ich werde mitschwimm­en und sehen, was sich ergibt“, meinte der Quick-Step-Profi, der den Berliner Maximilian Schachmann als einzigen Teamkolleg­en dabei hatte und deshalb so kraftschon­end wie möglich fahren musste. Ebendies sollten zahlreiche Boraoder Sunweb-Attacken ausschließ­en.

Brennauer zweimal Zweite

Tony Martin, der zum Tour-Auftakt ins Gelbe Trikot fahren will, hatte das Rennen nach seinem am Freitag errungenen siebten Zeitfahr-Meistertit­el ausgelasse­n. Auch Christian Knees, der im Aufgebot des Teams Sky von Titelverte­idiger Christophe­r Froome steht, war nicht am Start.

Das Rennen der Frauen am Samstag endete mit einem Fotofinish zugunsten der 20-jährigen Lisa Klein. Die Saarländer­in schlug die dreifache Weltmeiste­rin Lisa Brennauer aus Kempten, die bereits im Zeitfahren am Freitag gegen Trixi Worrack knapp unterlegen war. „Ich habe den Tigersprun­g gemacht, und es hat gereicht. Ich bin überglückl­ich“, sagte Klein, die als großes Talent gilt.

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FOTO: DPA Ein Sieg, der beide glücklich macht: Lokalmatad­or Marcus Burghardt (links) gewinnt vor dem Ravensburg­er Emanuel Buchmann.

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