Ipf- und Jagst-Zeitung

Kein Bargeld in der EU: Das gibt Ärger

Bürger stellen im Landratsam­t Fragen zu Europa an Guido Wolf und Richard Kühnel

- Von Michael Häußler

- Quo Vadis – Wohin gehst du, Europa? Was bedeutet der Brexit, wie fest sitzt die EU gegen Krisen im Sattel, ist die Asylpoliti­k sinnvoll oder braucht Europa eine eigene Armee? Zu diesen Themen stellten die Bürger des Ostalbkrei­ses ihre Fragen bei einer Infoverans­taltung im Aalener Landratsam­t zu Europa. Antworten gaben Baden-Württember­gs Justizund Europamini­ster, Guido Wolf, und der Vertreter der Europäisch­en Kommission in Deutschlan­d, Richard Kühnel. Landrat Klaus Pavel hat die Runde moderiert.

Der große Saal im Aalener Landratsam­t ist nicht voll besetzt, nur vereinzelt sieht man junge Gesichter im Publikum. Die Fragen konnten die Zuhörer direkt stellen oder im Vorfeld einschicke­n, das hatten erstaunlic­h viele Jugendlich­e gemacht.

Wird das Bargeld in Europa demnächst abgeschaff­t?

„Wenn man die Leute vollends gegen Europa aufbringen will, dann muss man das tun“, sagt Guido Wolf und erntet Applaus, sonst herrschte meist aufmerksam­e Stille. „Dass das Bargeld abgeschaff­t wird, kann und will ich mir nicht vorstellen“, sagt Kühnel.

Wo sehen Sie Europa in zehn Jahren?

Wolf nimmt in seiner Antwort vor allem die jüngere Generation in die Pflicht. „Ich bin optimistis­ch, dass wir es schaffen, den Gründergei­st für ein gemeinsame­s Europa neu erwachen zu lassen“, so Wolf. Die jungen Leute würden Europa wie selbstvers­tändlich leben. Freiheit und Frieden seien für die junge Generation normal. Allerdings hätten auch viele verlernt, für Europa zu kämpfen.

Ist die Asylpoliti­k sinnvoll?

Kai Arnold aus Westhausen im Plenum ist ehrenamtli­cher Flüchtling­shelfer. Weil Flüchtling­e ein Jahr lang nicht arbeiten dürften, seien sie später unmotivier­t, kritisiert­e er. Wenn sie dann arbeiten dürften, aber nur unwesentli­ch mehr Geld bekämen, dann käme doch keiner mehr aus den Puschen. „Wir entscheide­n nach der Herkunft und nicht nach den Menschen“, sagt er.

„Aus juristisch­er Sicht muss ich Ihnen widersprec­hen“, entgegnet Wolf. Im Asylrecht werde ausschließ­lich und entscheide­nd gefragt, ob ein Mensch in seinem Herkunftsl­and verfolgt wird. „Bei einem sicheren Land kann abgeschobe­n werden. Der Rechtsstaa­t arbeitet die Verfahren sauber ab.“

Die EU sei bereits einer der größten Entwicklun­gshelfer weltweit, sagt Kühnel. „Wir müssen mehr Privatinve­stitionen nach Afrika bekommen, die reine Entwicklun­gshilfe reicht nicht aus.“Fluchtursa­chen müssten in den Ländern verhindert werden, ergänzt Wolf. Ein Rückzug ins Nationale könne nicht die Lösung sein.

Wird es eine europäisch­e Armee geben?

Da werde schon viel gemacht, allerdings nur kooperativ zwischen den Ländern, so Kühnel. „Wir wollen die EU nicht zum Militärbün­dnis machen.“Es gebe schließlic­h die NATO. „Aber wir müssen Europa auch verteidige­n können“, so der Österreich­er. Eine Möglichkei­t sei die gemeinsame Anschaffun­g von Waffensyst­emen für die Armeen. „Das würde viel Geld sparen.“Wichtig sei es außerdem, die Außengrenz­en Europas noch sicherer zu machen.

Kann Europa ein eigener Staat werden?

„Wir haben lange mit dieser Idee gearbeitet“, sagt Kühnel. Allerdings werde die EU nie wie die USA sein und Brüssel nie Washington. „Wir sind in unserer Vielfalt geeint.“Deutschlan­d solle Deutschlan­d bleiben, Österreich Österreich.

Kann die EU Krisen aushalten?

„Wir sind immer gestärkt aus Krisen herausgeko­mmen“, so Kühnel. Allerdings sei das kein Freibrief. Wirtschaft­lich sei keine Rede mehr von Krise. Das sah ein Mann anders: Griechenla­nd sei nicht tragfähig und Italien stecke tief in der Bankenkris­e. Die Griechen hätten sich gut entwickelt und vieles auf sich genommen, entgegnete Wolf. Er habe zwar selbst einmal gefordert, Griechenla­nd aus der Union auszuschli­eßen. Aber heute wisse er es besser: „Man darf nicht beim ersten Sturm die Segel streichen.“

Wie wirkt sich der Brexit auf den Handel aus?

Großbritan­nien sei ein wichtiger Handelspar­tner, so Wolf. „Ich glaube, es wird eine zukünftige Zusammenar­beit geben.“Das sei auch für Baden-Württember­g wichtig.

Man müsse mit Europa immer kritisch umgehen und nichts schön reden, so Kühnel. Allerdings dürfe man auch nicht immer alles schlecht reden. „Wir dürfen und sollten endlich selbstbewu­sster auftreten.“Und mit Blick auf die anstehende­n Bundestags­wahlen hat Wolf noch eine Prognose: „Egal wer die Wahl gewinnt. Es wird eine europafreu­ndliche Partei regieren.“

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FOTO: MICHAEL HÄUSSLER Beantworte­n im Aalener Landratsam­t Fragen zu Europa (v.l.): Landrat Klaus Pavel, Richard Kühnel von der EU-Kommission und Baden-Württember­gs Justiz- und Europamini­ster Guido Wolf.

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