Kein Bargeld in der EU: Das gibt Ärger
Bürger stellen im Landratsamt Fragen zu Europa an Guido Wolf und Richard Kühnel
- Quo Vadis – Wohin gehst du, Europa? Was bedeutet der Brexit, wie fest sitzt die EU gegen Krisen im Sattel, ist die Asylpolitik sinnvoll oder braucht Europa eine eigene Armee? Zu diesen Themen stellten die Bürger des Ostalbkreises ihre Fragen bei einer Infoveranstaltung im Aalener Landratsamt zu Europa. Antworten gaben Baden-Württembergs Justizund Europaminister, Guido Wolf, und der Vertreter der Europäischen Kommission in Deutschland, Richard Kühnel. Landrat Klaus Pavel hat die Runde moderiert.
Der große Saal im Aalener Landratsamt ist nicht voll besetzt, nur vereinzelt sieht man junge Gesichter im Publikum. Die Fragen konnten die Zuhörer direkt stellen oder im Vorfeld einschicken, das hatten erstaunlich viele Jugendliche gemacht.
Wird das Bargeld in Europa demnächst abgeschafft?
„Wenn man die Leute vollends gegen Europa aufbringen will, dann muss man das tun“, sagt Guido Wolf und erntet Applaus, sonst herrschte meist aufmerksame Stille. „Dass das Bargeld abgeschafft wird, kann und will ich mir nicht vorstellen“, sagt Kühnel.
Wo sehen Sie Europa in zehn Jahren?
Wolf nimmt in seiner Antwort vor allem die jüngere Generation in die Pflicht. „Ich bin optimistisch, dass wir es schaffen, den Gründergeist für ein gemeinsames Europa neu erwachen zu lassen“, so Wolf. Die jungen Leute würden Europa wie selbstverständlich leben. Freiheit und Frieden seien für die junge Generation normal. Allerdings hätten auch viele verlernt, für Europa zu kämpfen.
Ist die Asylpolitik sinnvoll?
Kai Arnold aus Westhausen im Plenum ist ehrenamtlicher Flüchtlingshelfer. Weil Flüchtlinge ein Jahr lang nicht arbeiten dürften, seien sie später unmotiviert, kritisierte er. Wenn sie dann arbeiten dürften, aber nur unwesentlich mehr Geld bekämen, dann käme doch keiner mehr aus den Puschen. „Wir entscheiden nach der Herkunft und nicht nach den Menschen“, sagt er.
„Aus juristischer Sicht muss ich Ihnen widersprechen“, entgegnet Wolf. Im Asylrecht werde ausschließlich und entscheidend gefragt, ob ein Mensch in seinem Herkunftsland verfolgt wird. „Bei einem sicheren Land kann abgeschoben werden. Der Rechtsstaat arbeitet die Verfahren sauber ab.“
Die EU sei bereits einer der größten Entwicklungshelfer weltweit, sagt Kühnel. „Wir müssen mehr Privatinvestitionen nach Afrika bekommen, die reine Entwicklungshilfe reicht nicht aus.“Fluchtursachen müssten in den Ländern verhindert werden, ergänzt Wolf. Ein Rückzug ins Nationale könne nicht die Lösung sein.
Wird es eine europäische Armee geben?
Da werde schon viel gemacht, allerdings nur kooperativ zwischen den Ländern, so Kühnel. „Wir wollen die EU nicht zum Militärbündnis machen.“Es gebe schließlich die NATO. „Aber wir müssen Europa auch verteidigen können“, so der Österreicher. Eine Möglichkeit sei die gemeinsame Anschaffung von Waffensystemen für die Armeen. „Das würde viel Geld sparen.“Wichtig sei es außerdem, die Außengrenzen Europas noch sicherer zu machen.
Kann Europa ein eigener Staat werden?
„Wir haben lange mit dieser Idee gearbeitet“, sagt Kühnel. Allerdings werde die EU nie wie die USA sein und Brüssel nie Washington. „Wir sind in unserer Vielfalt geeint.“Deutschland solle Deutschland bleiben, Österreich Österreich.
Kann die EU Krisen aushalten?
„Wir sind immer gestärkt aus Krisen herausgekommen“, so Kühnel. Allerdings sei das kein Freibrief. Wirtschaftlich sei keine Rede mehr von Krise. Das sah ein Mann anders: Griechenland sei nicht tragfähig und Italien stecke tief in der Bankenkrise. Die Griechen hätten sich gut entwickelt und vieles auf sich genommen, entgegnete Wolf. Er habe zwar selbst einmal gefordert, Griechenland aus der Union auszuschließen. Aber heute wisse er es besser: „Man darf nicht beim ersten Sturm die Segel streichen.“
Wie wirkt sich der Brexit auf den Handel aus?
Großbritannien sei ein wichtiger Handelspartner, so Wolf. „Ich glaube, es wird eine zukünftige Zusammenarbeit geben.“Das sei auch für Baden-Württemberg wichtig.
Man müsse mit Europa immer kritisch umgehen und nichts schön reden, so Kühnel. Allerdings dürfe man auch nicht immer alles schlecht reden. „Wir dürfen und sollten endlich selbstbewusster auftreten.“Und mit Blick auf die anstehenden Bundestagswahlen hat Wolf noch eine Prognose: „Egal wer die Wahl gewinnt. Es wird eine europafreundliche Partei regieren.“