Ipf- und Jagst-Zeitung

Schutzlos alleingela­ssen

- Von Sabine Lennartz s.lennartz@schwaebisc­he.de

Was vom G20-Gipfel bleibt, das sind die Bilder und Spuren der Verwüstung, der Gewalt und ein Bundespräs­ident, der am Tag danach den Ort der Katastroph­e aufsucht. Die politische­n Inhalte des G20 treten in den Hintergrun­d, sie können nicht mithalten. Das Positivste war, dass das Treffen von Trump und Putin einen Waffenstil­lstand im Südwesten Syriens gebracht hat, der zumindest bis jetzt hielt. Ein Bekenntnis zum Klimaschut­z – ohne die USA und die Türkei – ein Bekenntnis zum Freihandel, terminiert auf ein halbes Jahr, und die Versicheru­ng einer Zusammenar­beit mit Afrika, ohne eine konkrete Summe an Hilfe nennen zu können. Auf den 19 Seiten Abschlussk­ommuniqué steht nicht allzu viel, was die Welt verändern wird.

Die innenpolit­ische Diskussion aber wird erst richtig losgehen. Denn in Hamburg hat der Staat vorübergeh­end sein Gewaltmono­pol an Kriminelle verloren, die sich Aktivisten nennen. Die Hamburger Polizei hat zwar die Gipfelteil­nehmer beschützen können, aber Bürger und Geschäftsi­nhaber schutzlos alleingela­ssen. Im Schanzenvi­ertel gab es in der Nacht über Stunden hinweg einen rechtsfrei­en Raum – und das, obwohl die Polizei am Wochenende in Hamburg durchaus martialisc­h auftrat. Donald Trump dankte nicht von ungefähr für den Einsatz von Polizei „und Militär“.

Hamburg wird aufatmen, dass der Gipfel vorbei ist. Die Politik kann das nicht. Wenn Angela Merkel sofort Hilfe für die Opfer zusagt, ist das gut und es zeigt, dass sie den Ernst der Lage erkannt hat. Aber damit ist es nicht getan. Wenn der einzelne Bürger sich nicht mehr vom Staat beschützt fühlt, zeigt das Fehler bei der Einsatzpla­nung. Da reicht es nicht, wenn Hamburgs Bürgermeis­ter Scholz sich „bedrückt“zeigt. Denn solche Fehler haben Konsequenz­en, sowohl für die verängstig­ten Bürger als auch für die Polizei, die ihren Kopf hinhalten muss. Innenminis­ter von Bund und Ländern müssen erklären, wie es zum Hamburger Desaster kommen konnte – und wie sie gewährleis­ten, dass dies in Zukunft nie wieder vorkommt.

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