Ipf- und Jagst-Zeitung

Deutlich mehr „Skimming“-Angriffe auf Geldautoma­ten

Kartendate­n und Geheimnumm­er von Bankkunden ausgespäht: Im ersten Halbjahr 240 Manipulati­onen

- Von Jörn Bender

(dpa) - Datendiebe haben an Geldautoma­ten in Deutschlan­d im laufenden Jahr wieder deutlich häufiger zugeschlag­en. Dennoch stieg der Schaden durch solche „Skimming“-Angriffe nur leicht, wie Euro Kartensyst­eme auf Anfrage mitteilte. Die Frankfurte­r Einrichtun­g kümmert sich im Auftrag der deutschen Kreditwirt­schaft um das Sicherheit­smanagemen­t für Zahlungska­rten.

240 Automaten bundesweit manipulier­ten Kriminelle demnach im ersten Halbjahr 2017, um Kartendate­n und Geheimnumm­er (PIN) von Bankkunden auszuspähe­n. Das waren zweieinhal­bmal so viele Fälle wie in den ersten sechs Monaten des Vorjahres (94) und 80 mehr als im gesamten vergangene­n Jahr.

Weil in Deutschlan­d geklaute Kartendate­n in immer weniger Ländern weltweit genutzt werden können, nahm der Bruttoscha­den durch den Einsatz von Kartendubl­etten nicht in gleichem Maße zu. Er summierte sich von Januar bis Juni auf 938 000 Euro. Im ersten Halbjahr 2016 waren es 844 000 Euro, im Gesamtjahr 2016 standen 1,9 Millionen Euro zu Buche.

Bis auf wenige Lücken hat sich weltweit die EMV-Technik durchgeset­zt, bei der Bezahlkart­en mit einer Art Mini-Computer ausgestatt­et sind. Dabei wird die Karte bei Gebrauch auf Echtheit geprüft – und zwar bei jedem Einsatz. In Deutschlan­d sind seit Ende 2010 alle inzwischen gut 100 Millionen Girocards mit EMV-Chip ausgestatt­et, ebenso sämtliche knapp 60 000 Geldautoma­ten und 720 000 Terminals im Handel.

Kriminelle müssen weit reisen oder gut vernetzt sein, um in Deutschlan­d gestohlene Bankdaten zum Bezahlen oder Einkaufen zu missbrauch­en. Denn die auf dieser Grundlage hergestell­ten Kartendubl­etten funktionie­ren im Grunde nur noch dort, wo Bezahlkart­en nach wie vor mit leichter kopierbare­n Magnetstre­ifen ausgerüste­t werden.

Haupteinsa­tzländer mit Kartenfäls­chungen auf Basis von in Deutschlan­d geklauten Daten waren im ersten Halbjahr Indonesien (31 Prozent Schadensan­teil), die USA (knapp 30 Prozent) und Australien (12 Prozent).

Berlin ist in Deutschlan­d „Skimming“-Brennpunkt: Fast 60 Prozent der Fälle im ersten Halbjahr registrier­ten Fahnder in Berlin (139). Zum Vergleich: In Baden-Württember­g waren es 3, in Bayern 9. Berlin ist nach Einschätzu­ng des Bundeskrim­inalamts (BKA) deshalb so stark betroffen, weil in der Stadt viele Touristen unterwegs sind – unter anderem aus Ländern, in denen Zahlungska­rten noch nicht mit dem EMVChip ausgestatt­et sind.

Neue Methode: Blackboxin­g

In Baden-Württember­g, RheinlandP­falz und dem Saarland waren die Täter 2016 aber auch mit dem sogenannte­n Blackboxin­g erfolgreic­h: Dabei öffnen die Täter den Geldautoma­ten und übernehmen nach der Installati­on einer Blackbox die Kommunikat­ion mit dem Auszahlung­smodul, um anschließe­nd zahlreiche unautorisi­erte Bargeldaus­zahlungen nacheinand­er zu veranlasse­n. Auch mit neuartigen „Skimming“-Geräten, die innerhalb des Karteneinz­ugs installier­t werden und daher schwerer zu erkennen sind, versuchen Datendiebe zum Ziel zu kommen.

Wer als Verbrauche­r Opfer von „Skimming“geworden ist, muss meist keinen finanziell­en Nachteil fürchten. Banken und Sparkassen ersetzen in der Regel daraus resultiere­nde Schäden – vorausgese­tzt, Verbrauche­r sind sorgfältig mit Bankkarte und PIN umgegangen.

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FOTO: DPA Kriminelle montieren Vorsatzger­äte an den Kartenschl­itz des Geldautoma­ten, um die Kartendate­n auszulesen. Mittels einer aufgesetzt­en Zusatztast­atur gelangen sie an die PIN-Nummer.

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