Experte mahnt: „Keiner darf verloren gehen“
Ulrich Bürger vom Kommunalverband für Jugend und Soziales spricht im Rathaus über die Perspektiven von jungen Menschen und Familien
(hü) - Zahlen und Daten, aber auch Fakten und Handlungsempfehlungen haben den Vortrag von Ulrich Bürger vom Kommunalverband für Jugend und Soziales zum Thema „Perspektiven von jungen Menschen und Familien im demografischen Wandel“im Rathaus in Aalen geprägt. „Wir müssen Kindern, Jugendlichen und Familien alle nur erdenkliche gesellschaftliche Unterstützung zukommen lassen. Keiner darf verloren gehen“, lautete die Kernaussage des Erziehungswissenschaftlers und Demografieexperten.
Zunächst ging er auf die Entwicklung in Baden-Württemberg ein. Seinen Ausführungen zufolge steigt zwar die Zahl der Einwohner bis 2060 um ein Prozent auf 10,72 Millionen Menschen, doch in der Altersgruppe der Erwerbstätigen zwischen 21 und 65 Jahren sei ein drastischer Rückgang zu erwarten. „BadenWürttemberg ist auf dem Weg in eine alternde Gesellschaft“, stellte Bürger fest. Kinder, Jugendliche und Familien würden zu einem knappen Gut. Der ökonomische Sektor bekomme Probleme, genügend Arbeitskräfte zu erhalten. Man brauche Zuwanderung und auch in einer Erhöhung der Erwerbstätigenquote von derzeit 76 Prozent schlummere noch Potenzial.
Als „unerlässlich und zwingend notwendig“bezeichnete der Referent stärkere Investitionen in Bildung. Dabei spiele nicht nur die Schule, sondern auch die Familie und die Vereinsarbeit eine große Rolle.
Beruf und Familie vereinbaren
Auch im Ostalbkreis und in der Stadt Aalen sieht Bürger eine ähnliche Entwicklung wie in Baden-Württemberg. Im Landkreis nehme bis 2025 die Zahl der unter 21-Jährigen um acht Prozent ab und auch in der Stadt Aalen sei ein Rückgang zu erwarten.
Für die zukünftige Entwicklung von entscheidender Bedeutung sei die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Um dies zu erreichen, empfahl Bürger die Einrichtung von ElternKind-Zentren, von Familienzentren, Bildungshäusern sowie von Mehrgenerationenhäusern.
Der Referent beleuchtete noch einige einzelne Faktoren, die seiner Ansicht nach von großer Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit einer Region und einer Stadt sind. Äußerst positiv bewertet Bürger den Anteil von 39,2 Prozent der Schüler, die in Aalen in Ganztagesgrundschulen gehen. Respektabel seien in der Stadt auch die Angebote in der Schulsozialarbeit und in der offenen Jugendarbeit. Einen Nachholbedarf gebe es in der Ganztages-Kinderbetreuung von drei- bis sechsjährigen Kindern. Hier liege die Quote in Aalen bei 15,3 Prozent und im Ostalbkreis bei 9,9 Prozent. Die Armutsquote bei den unter 18-Jährigen bezifferte Bürger in Aalen auf 7,3 Prozent und im Landkreis auf 5,9 Prozent.
„Das laufende kritische Jahrzehnt bietet in der Kinder- und Jugendhilfe noch einmalige Chancen für zukunftssichernde Investitionen in die nachwachsende Generationen“, resümierte Bürger. Den Leistungen für Familien und Kinder müsse dabei ein besonderer Stellenwert eingeräumt werden.
Oberbürgermeister Thilo Rentschler dankte dem Referent für den interessanten Vortag. In einigen Punkten wie beispielsweise der Ganztagesschule sei man in Aalen gut aufgestellt, bei der Kindergartenbetreuung gebe es Defizite. Hier habe man sich zu lange auf alte Prognosen aus dem Jahr 2008 verlassen, räumte Rentschler ein.