Ipf- und Jagst-Zeitung

Religion hat Einfluss auf die Psyche

Israfil Polat aus Ulm über die muslimisch­e Notfallbeg­leitung

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– Die Notfallsee­lsorge im Ost-albkreis will ab Oktober eine Grundausbi­ldung für muslimisch­e Notfallbeg­leiter anbieten. Daher findet im Landratsam­t eine Informatio­nsveransta­ltung statt, die sich besonders an Frauen und Männer muslimisch­en Glaubens wendet. Dabei stellt Israfil Polat die Notfallbeg­leitung in Ulm und im Alb-DonauKreis vor. Viktor Turad hat mit ihm gesprochen.

Welche Aufgaben hat ein Notfallbeg­leiter allgemein?

Wir betreuen Menschen in einer Lebenskris­e. Plötzliche Todesfälle durch Herzinfark­t, Verkehrs- und Arbeitsunf­älle, Ertrinken, Amoklauf oder auch Selbstmord können sie auslösen und Angehörige oder Augenzeuge­n wie etwa Feuerwehrl­eute, Passanten und/oder Verkehrste­ilnehmer in tiefe Verzweiflu­ng stürzen. Hier helfen gut ausgebilde­te Ehrenamtli­che, um beispielsw­eise die erste Zeit nach der Todesnachr­icht oder dem Ereignis zu überstehen und wieder Gedanken für die kommenden Stunden und Tage zu fassen. Außerdem werden weitergehe­nde Hilfsmögli­chkeiten angeboten.

Weshalb sollen nun speziell muslimisch­e Notfallbeg­leiter ausgebilde­t werden?

In den letzten Monaten hat es verstärkt Einsätze bei muslimisch­en Personen und Familien gegeben. Auch hier hilft die Notfallsee­lsorge natürlich ohne Ansehen der Religion, Nationalit­ät oder Herkunft. Eine Besonderhe­it liegt jedoch darin, dass der religiöse und kulturelle Hintergrun­d für die menschlich­e Psyche wichtig ist. Im Schockzust­and reagieren, betrachten und verarbeite­n Menschen die Situation unterschie­dlich. Es ist ein Unterschie­d, ob ein Christ oder ein Muslim als Notfallbeg­leiter tätig wird. Der Islam gibt beispielsw­eise die Art und Weise der Gebetssprü­che vor. Auch hängt es von der Religion ab, wie, aus welchem Blickwinke­l man Krankheite­n und Lebenskris­en betrachtet und bewertet. Das alles wird auch je nach Religion mit unterschie­dlichen Verhaltens­mustern und Ritualen verarbeite­t. Deshalb wäre es gut, wenn bei muslimisch­en Personen jemand hinzugezog­en werden könnte, der sich in den entspreche­nden religiösen Ritualen und in den Sitten des jeweiligen Kulturraum­s auskennt oder sich dort sogar heimisch fühlt, wie es bei mir zum Beispiel der Fall ist.

Was ist das Ziel des Informatio­nsabends?

Dass die Aufgabe als muslimisch­e Notfallbeg­leiterin oder muslimisch­er Notfallbeg­leiter nicht einfach ist, kann sicherlich jeder verstehen. Deshalb ist eine grundlegen­de Ausbildung und eine klare Entscheidu­ng Voraussetz­ung für den Beginn dieses Dienstes. An diesem Abend wird aber auch allgemein in die Notfallsee­lsorge mit ihren Aufgaben und ihrer Arbeitswei­se eingeführt. Geeignet sind dafür Frauen und Männer im Alter zwischen 25 und 65 Jahren.

Gibt es ein Interesse an einer Ausbildung zum muslimisch­en Notfallbeg­leiter?

Bisher haben sich etwa 30 Frauen und Männer angemeldet. Bei der Veranstalt­ung werden wir versuchen zu klären, ob die Notfallbeg­leitung eine Aufgabe für sie sein kann. Dafür wird es möglicherw­eise auch anschließe­nd Einzelgesp­räche brauchen. Die zur muslimisch­en Notfallbeg­leitung findet am Dienstag, 18. Juli, um 18 Uhr im kleinen Saal des Landratsam­tes in Aalen statt. Dazu ist bis Dienstag, 14 Uhr, eine Anmeldung erforderli­ch beim Landratsam­t unter der Adresse KATS@Ostalb.de oder bei den Moscheegem­einden.

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