Für jeden ist etwas dabei
Von so einem strategischen Vorteil kann der redlich sich mühende Martin Schulz nur träumen: Die Union hat nicht nur ein Wahlprogramm, sie hat zwei. Das eine ist das gemeinsame Programm von CDU und CSU, das andere nennt sich „Bayernplan“. Das eine zielt konsequent auf die Mitte, mit dem anderen wird die konservative Flanke abgedeckt.
Der markanteste Unterschied liegt – zumindest auf dem Papier – in dem Wort Obergrenze. Die CSU will sie, die Kanzlerin nicht. Je nach Publikum können die Unionswahlkämpfer die eine oder die andere Botschaft in den Vordergrund rücken. Diese Doppelstrategie trägt bis zur Wahl, anschließend werden die Karten eh neu gemischt, je nachdem mit wem es die Union in möglichen Koalitionsverhandlungen zu tun bekommt.
Die CSU hat schon eine Blaupause dafür, wie sie sich durchsetzen kann. Der christsoziale Wahlkampfschlager des vergangenen Bundestagswahlkampfs, die Pkw-Maut, ist mit Ach und Krach am Ende gerade noch beschlossen worden. Dabei waren weder SPD noch CDU begeistert von der Idee aus München. Und Merkel hatte vor der Wahl gesagt, die Maut werde nicht kommen. Nun ist sie beschlossen worden. Warum sollte die CSU die erfolgreiche Taktik nicht ein zweites Mal anwenden?
Hinzu kommt, dass die Partei in Joachim Herrmann den passenden Spitzenkandidaten in einen Wahlkampf schickt, in dem sie das Thema Asyl und Zuwanderung zuallererst aus dem Blickwinkel der inneren Sicherheit betrachtet. Für diejenigen CSU-Wähler, die sich in Asyl-Helferkreisen oder Kirchengruppen engagieren, hat die CSU ja auch Gerd Müller im Angebot, den Entwicklungshilfeminister, der ans Gewissen der reichen Europäer appelliert und viel von Fluchtursachenbekämpfung spricht.
Am Ende wird die CDU wohl eine Formulierung mittragen, die ihre bayerische Schwester als Obergrenze interpretieren kann – auch wenn der Grenzwert so hoch angesetzt wird, dass er bei den aktuellen Flüchtlingszahlen für die Praxis keinerlei Auswirkung hat. In München wird man sich dann auf die Schultern klopfen. u.mendelin@schwaebische.de