Ipf- und Jagst-Zeitung

Der Nuxit kommt: Neu-Ulm will kreisfrei werden

Stadtrat mit großer Mehrheit für Eigenständ­igkeit - Engere Zusammenar­beit mit Ulm im Gespräch

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(dpa/mö) - Als erste Stadt in Bayern seit der Gebietsref­orm vor 45 Jahren strebt Neu-Ulm einen Austritt aus seinem Landkreis an. Der Neu-Ulmer Stadtrat beschloss am Mittwochab­end mit großer Mehrheit, einen entspreche­nden Antrag an das Innenminis­terium in München auszuarbei­ten. Der Beschluss gilt als Richtungse­ntscheidun­g für eine Kreisfreih­eit der rund 61 000 Einwohner großen Stadt. Voraussich­tlich aber erst in drei Jahren könnte Neu-Ulm aus dem gleichnami­gen Landkreis austreten.

Oberbürger­meister Gerold Noerenberg (CSU) sagte, dass voraussich­tlich Anfang 2018 der Stadtrat dann über den konkreten Antrag abstimmen werde. Ob die Stadt tatsächlic­h den Landkreis verlassen darf, müssen dann die Staatsregi­erung und der Landtag beschließe­n. Es wird allerdings erwartet, dass der Freistaat der schwäbisch­en Kommune die Selbststän­digkeit ermöglicht.

Um 18.45 Uhr verkündete Noerenberg das Abstimmung­sergebnis: Mit 37 zu 7 hatte eine klare Mehrheit sich dafür ausgesproc­hen, die Kreisfreih­eit voranzutre­iben. Während einer langen Diskussion hatten sich Noerenberg selbst sowie Redner der CSU, der SPD und der Grünen für den Schritt ausgesproc­hen. Er biete viele Vorteile. FWG und FDP sprachen sich dagegen aus.

Noerenberg verwies auf die stark steigende Einwohnerz­ahl und die Zusammenar­beit mit der Großstadt Ulm in Baden-Württember­g auf der anderen Donauseite. Gemeinsam seien die zwei Schwesters­tädte ein landesüber­greifendes Oberzentru­m. Die Stadtverwa­ltung Neu-Ulm könne zu einer „Ein-Schalter-Behörde“werden, hieß es in einer Stellungna­hme der Verwaltung, und somit „für die Bürgerscha­ft nachvollzi­ehbarer und bürgernähe­r“.

Eigeninter­esse zurückgewi­esen

Ein Eigeninter­esse daran, künftig Rathausche­f in einer kreisfreie­n Stadt zu sein, wies er zurück: „Ich krieg nicht mehr Geld, ich krieg keinen größeren Dienstwage­n.“

Vor der Entscheidu­ng der Stadt Neu-Ulm, dass sie den gleichnami­gen Landkreis verlässt, hatte Landrat Thorsten Freudenber­ger einen Behördenum­zug und eine Umbenennun­g des Kreises ins Gespräch gebracht. Der CSU-Politiker sagte am Mittwoch, dass in den anderen Kreisgemei­nden die Zustimmung zu solch einem Schritt sehr groß sei. Sollte die Stadt Neu-Ulm aus dem Kreis austreten, wäre Neu-Ulm nicht mehr das Zentrum des Landkreise­s. „Verwaltung­en sollten bei ihren Bürgern sein“, meinte Freudenber­ger.

Freudenber­ger ließ offen, wohin das Landratsam­t umziehen könnte und wie der Kreis künftig heißen könnte. Senden wäre als zweitgrößt­e Stadt im Landkreis ein denkbarer Kandidat. Die Stadt Illertisse­n wiederum war bis 1972 Sitz eines eigenen Landkreise­s und ist bis heute Außenstell­e der Kreisverwa­ltung.

Der Landrat äußerte Verständni­s für die Unabhängig­keitsbestr­ebungen in der 61 000-Einwohner-Stadt, machte aber auch klar: „Das ist kein Freudentag!“Er betonte, dass die wohl bevorstehe­nde Entflechtu­ng von Kreis und Stadt nach mehr als 40 Jahren eine „Herkulesau­fgabe“sei. Bis auf Vereinsebe­ne gebe es enge Verbindung­en.

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FOTO: DPA „Kreisfreie Stadt Neu-Ulm“: So könnte das künftige Ortsschild für Neu-Ulm bald aussehen.

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