Faire Verteilung unerlässlich
Italien steht ein schwieriger Sommer bevor. Zwar hat der EuGH erkennen lassen, dass er die Umverteilung von 120 000 Flüchtlinge aus Griechenland und Italien auf andere EU-Staaten für rechtens hält. Auch die EU-Kommission hat ihre Entschlossenheit betont, Ungarn, die Slowakei und Polen notfalls auf dem Klageweg zu zwingen, die vereinbarten 8000 Menschen aufzunehmen. Am grundlegenden Dilemma ändert das aber nichts. Denn der EuGH hat gleichzeitig in einem Urteil betont, dass derjenige Staat für ein Asylverfahren zuständig bleibt, wo ein Flüchtling erstmals europäischen Boden betritt.
Das „Dublin-System“muss dringend zugunsten einer faireren Lastenverteilung geändert werden, da sind sich theoretisch die meisten EU-Staaten einig. Die Osteuropäer verweigern sich aber jeder Reform. Da die EU mit dem Brexit und der Rechtsstaatsdemontage in Polen und Ungarn alle Hände voll zu tun hat, fehlt ihr die Kraft, eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge zu erzwingen. Es wird weiter gewurstelt – Frontstaaten wie Italien müssen das ausbaden. politik@schwaebische.de in Deutschland hat das EuGHUrteil nach Behördenangaben keine große Bedeutung. „Es dürften allenfalls wenige Fälle in Deutschland sein, für die das Urteil relevant sein könnte“, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Die Rücküberstellungen von Migranten, die Ende 2015 und Anfang 2016 nach Deutschland gelangten, sind nach Angaben des Ministeriums zum einen fast abgeschlossen. Zum anderen habe Deutschland solche Abschiebungen bei zahlreichen Migranten, insbesondere Syrern, gar nicht erst eingeleitet. „Bei einem großen Teil der im Herbst 2015 und im Frühjahr 2016 Gekommenen kam es ohnehin zu einer Ausübung des Selbsteintrittsrechtes“, sagte der Ministeriumssprecher „Das EuGH-Urteil zeigt: Wir müssen Italien schnell helfen“, erklärte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. Bundeskanzlerin Merkel hatte am Mittwoch mit dem italienischen Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni telefoniert und dabei zugesagt, künftig pro Monat 750 statt bisher 500 Flüchtlinge zu übernehmen.