Die Karriere hinter dem Scheinwerferlicht
Der Aalener Heiko Richter ist seit einiger Zeit Betreuer der Fußball-Nationalmannschaft der Frauen
- Spätestens seit der Regenschlacht von Rotterdam am vergangenen Samstag, als die Zuschauer auf den Anstoß der Partie der DFB-Frauen gegen Dänemark gewartet haben, weiß man, warum Heiko Richter (41) ab der kommenden Saison nicht mehr als Trainer beim Fußball-Bezirksligisten SV Neresheim tätig ist. Richter ist seit der Europameisterschaft der Frauen im Betreuerstab der deutschen Nationalmannschaft. Die Bilder, wie er mit Bundestrainerin Steffi Jones eimerweise das Regenwasser von den Auswechselbänken abgeschöpft hat, gingen um die Welt. Unseren Redakteur Timo Lämmerhirt hat er in der Redaktion besucht, um zu berichten, wie er sich im neuen Umfeld eingelebt und wie er das Turnier erlebt hat.
Die Regenbilder gingen um die Welt. Wie ist es, bundes- eigentlich ja europaweit auf den TV-Bildschirmen zu laufen?
(schmunzelt) Das war schon komisch. Die UEFA wollte das Spiel zunächst nicht absagen. Ich habe mir in dem Moment wenig dabei gedacht, sondern nur gesehen, dass unser Material unter Wasser steht und ich keine nassen Füße haben möchte. Dass das im Nachhinein solch einen Hype in den Medien geben würde, hatte ich natürlich nicht erwartet.
Bemerkenswert auch, dass Steffi Jones Ihnen zur Seite gesprungen ist.
Ja, das stimmt. Daran sieht man aber auch das gute Verhältnis, was wir beide haben. Wir haben in der Situation dann miteinander geflachst.
Wie geht man denn mit solch einer Spielabsage um? Speziell im Profibereich ist so etwas ja doch selten, obwohl es nur einen Tag später beim 1. FC Heidenheim eine ähnliche Situation gegeben hatte.
Das Problem, warum man das Spiel nicht direkt gecancelt hat, war natürlich die Prime Time, das Spiel sollte am Samstagabend gespielt werden. Mental wäre es für uns sicherlich besser gewesen, wenn das Spiel hätte stattfinden können.
Im Nachhinein betrachtet und im Wissen, dass man am nächsten Mittag gegen Dänemark ausgeschieden ist?
Wir mussten nachts noch ein Hotel suchen. Unser Basecamp war über eine Stunde entfernt, die Dänen waren gerade einmal fünf Minuten vom Rotterdamer Stadion untergebracht. Darauf waren wir alle nicht vorbereitet. So war es eine lange und aufregende Nacht.
Wie war denn die Reaktion innerhalb des DFB auf die Absage?
Der Platz war nicht bespielbar. Da hatten wir auch schon unsere Bedenken. Man hat sich aber dennoch gefragt, ob man am nächsten Tag nochmal den Fokus so hochhalten kann. Da waren wir schon in einem Zwiespalt. Natürlich wollten wir an diesem Abend spielen. So hat es uns irgendwie aus dem Tritt gebracht. Die Dänen kamen damit besser zurecht.
Aber es wäre jetzt auch zu einfach, wenn man das Ausscheiden an diegendwann ser Spielverlegung festmacht, oder nicht?
Na klar. Wir kamen insgesamt schwer ins Turnier. Die Mannschaft hat sehr viel Potenzial, es war aber auch ein großer Umbruch innerhalb des Teams. Steffi Jones hat eine klare Linie, die sie verfolgt und das braucht einfach Zeit, was sie selbst auch gesagt hat. Wir kamen eigentlich in jedes Spiel schwer hinein, wobei uns auch häufig etwas Fortune gefehlt hat.
Wie war denn die Reaktion auf das Ausscheiden?
Die Frauen hat es schon arg erwischt. Viele fühlten sich schuldig, weil sie das Gefühl hatten, nicht ihre gewohnte Leistung abgerufen zu haben. Es ist an keinem spurlos vorbei gegangen. Es waren schon ein paar schwere Stunden - für alle Beteiligten.
Jetzt sind Sie bereits seit 2010 beim DFB als Betreuer der U 20. Erklären Sie doch mal, wie es zum Wechsel zur A-Nationalmannschaft der Frauen gekommen ist?
Wie es dazu gekommen ist, weiß ich bis heute nicht (lacht). Ich bekam den Anruf von Patrizia Hell (Leiterin Büro der Frauen-Nationalmannschaft, d. Red.), die mich fragte, ob ich mir das vorstellen könne. Viele in meinem Umfeld haben mir natürlich dazu geraten und so habe ich selbst auch nicht lange darüber nachgedacht. Bis zum letzten Spieltag der Bezirksliga habe ich eigentlich noch gedacht, ich würde auch in der kommenden Saison beim SV Neresheim auf der Bank sitzen.
Was haben die Verantwortlichen des SVN gesagt?
Man muss hierbei berücksichtigen, dass ich zwangsläufig einige Fehltage im Monate gehabt hätte und Neresheim hat schon den Wunsch, ir-
einmal in der Landesliga zu kicken. Das macht einen als Trainer doch nur angreifbar. Wir mussten schnell handeln, haben Gespräche geführt und sind in einem sehr freundschaftlichen Verhältnis auseinander gegangen.
Was sind denn bei der Nationalmannschaft konkret Ihre Aufgaben?
Wir sind eigentlich für alles rund ums Material verantwortlich, vom Hotel bis hin zum Platz raus. Wir organisieren Kleidung und Ausrüstung der Mannschaft. Ich bin eigentlich für alles da und ständig präsent. Viel Urlaub war das in den sechs Wochen nicht (lacht). Im Prinzip muss man an zwei Mannschaften denken, denn das Betreuerteam umfasst alles in allem auch 24 Leute.
Frauenfußball scheint sich aber insgesamt in Deutschland positiv zu entwickeln oder täuscht der Eindruck?
Nein, das ist auf jeden Fall so. Die Einschaltquoten bei der EM beispielsweise waren enorm. Das sieht man auch alleine daran, dass die Monopolstellung, die wir Deutschen eigentlich immer inne hatten, nicht mehr gegeben ist. Das Feld starker Mannschaften ist breiter geworden, es bewegt sich viel im Frauenfußball.
Vorreiter im Ostalbkreis diesbezüglich ist sicherlich der FC Ellwangen?
Ganz genau. Katja Illenberger macht dort einen Riesenjob und weiß natürlich auch durch ihre Zeit bei den Bayern, was sie macht und vor allem, wie sie es machen muss. Mit ihr habe ich mich im Vorfeld der Arbeit bei der Frauennationalmannschaft natürlich auch unterhalten.
Wie darf man sich Ihr Engagement bei der Nationalelf vorstellen? Bleiben Sie jetzt dabei?
Ja, ich bleibe zumindest in dieser Saison einmal bei den DFB-Frauen dabei.
Kann man Ihren Werdegang vielleicht als Karriere hinter dem Scheinwerferlicht bezeichnen?
Das ist eine Karriere hinter dem Scheinwerferlicht, das stimmt. Ich versuche aber auch hinter dem Scheinwerferlicht zu bleiben. Es ist für uns wichtig, dass man im Hintergrund arbeitet. Die Priorität hat die Mannschaft und wir versuchen, dem Trainerstab und natürlich dem Team den Rücken freizuhalten. Ich versuche da schon bewusst, im zweiten Glied zu bleiben.
Jetzt waren Sie und sind es ja noch, selbst Trainer, unter anderem waren Sie am Stützpunkt in Böbingen. Können Sie aus der Arbeit mit den Nationaltrainern etwas mitnehmen?
Ja, sehr viel. Frank Wormuth ist jemand, der mich sehr geprägt hat, vor allem auch im Verhalten. Er ist ein Riesentaktiker, ein großer Denker. Steffi Jones versucht immer, sehr viele Akzente im Training zu setzen, da nimmt man dann natürlich sehr viel mit.
Jetzt wurde nach dem Ausscheiden viel diskutiert. Bleibt Steffi Jones Bundestrainerin?
Das hoffe ich sehr. Sie muss Bundestrainerin bleiben. Der Weg, den sie eingeschlagen hat, wird zum Erfolg führen. Da bin ich fest davon überzeugt.
Was sind die nächsten Termine der DFB-Frauen?
Am 16. September haben wir ein WM-Qualifikationsspiel in Ingolstadt.
Eines ist somit schon mal klar: Als Trainer im Ostalbkreis werden wir Sie vorerst nicht mehr sehen?
(schmunzelt) Das wird eher schwierig werden, weil es zeitlich nicht funktionieren kann.