Prunkvolle Kabinettschränke und frühe Fake News
Baden-Württembergs Finanzministerin Edith Sitzmann hat sich bei ihrer Schlössertour in Ellwangen umgesehen
- 25 000 Besucher haben sich im vergangenen Jahr das Ellwanger Schloss angesehen. Nicht nur das Museum des Geschichtsund Altertumsvereins, sondern die ganze Anlage mit ihren Höfen, Gebäuden und Gärten. Es könnten noch viel mehr werden. Deshalb versucht die Behörde Schlösser und Gärten, den Kulturtourismus zu stärken.
Michael Hörrmann ist von der Baugeschichte des Ellwanger Schlosses fasziniert. Diese möchte der Chef von Baden-Württembergs Schlössern und Gärten besser ins Licht rücken. Dazu gehören Räume wie der Malersaal, in dem gerade die Ausstellung „timlessness“des Kunstvereins zu sehen sind. Unter einem Deckengemälde von Delila und Samson, der gerade von seinen Häschern geblendet wird, hatte der Fürstpropst seinen eher privaten Speisesaal eingerichtet. Was ihn veranlasst hat, für diesen eher heiteren Ort dieses ziemlich blutrünstige Bibelthema auszusuchen, gehört zu den spannenden Fragen, mit denen Hörrmann gerne noch mehr Interesse bei Besuchern wecken möchte.
Hörrmann sind die 25 000 Besucher im Jahr nicht genug. Bei 100 000 Übernachtungen im Jahr in Ellwangen müsste doch mehr drin sein. Um noch mehr Menschen fürs Ellwanger Schloss zu interessieren, braucht es aber Personal vor Ort. Wie das zu organisieren wäre, wird bei Schlösser und Gärten gerade überlegt, sagte Hörrmann. Das soll durch das Zusammenlegen von Abteilungen ermöglicht werden. Ganz ohne neue Stellen wäre es aber wohl nicht zu machen. Das weiß auch Finanzministerin Edith Sitzmann, die die Sommerpause und die Zeit vor der Bundestagswahl nutzt, sich die Schlösser und Gärten, die ihrem Ministerium unterstehen, einmal genauer anzuschauen. So war sie am Dienstag auch im Ellwanger Schloss.
In fünf Jahren wurden zwei Millionen Euro investiert
Dort stand die Bürgergarde mit vier Mann Spalier, dazu Oberbürgermeister Karl Hilsenbek und Vertreter des Gemeinderats sowie Vertreter der Vereine. Der Geschichts- und Altertumsverein hat seit 1908 ein Museum im Schloss. Der Kunstverein nutzt Räume für Ausstellungen. Landwirtschaftsamt und Forstamt haben hier Büros, das Lehrerseminar aus Stuttgart hat zwei Außenstellen für angehende Gymnasiallehrer und Sonderschullehrer. Und Wohnungen gibt es auch.
So soll’s sein, findet Sitzmann, die großes Interesse hat, dass die historischen Gebäude auch genutzt werden. Über 60 Schlösser, Klöster und Ruinen sind im Besitz des Landes. Und sie kosten vor allem einmal Geld. Dass für Ellwangen auch immer etwas abfällt, dafür bedankte sich der OB bei der Finanzministerin. Allein 540 000 Euro sind in den vergangenen Jahren in den Unterhalt geflossen, sagte Claus Schüßler, Leiter des Amts für Vermögen und Bau in Schwäbisch Gmünd, das für alle Baumaßnahmen am Ellwanger Schloss zuständig ist. Dazu wurden zwei Millionen Euro investiert. Zum Beispiel, ganz aktuell, in den gläsernen Aufzug, der das Schloss barrierefrei machen wird.
Sitzmann und Hörrmann wünschen sich, dass sich die Bürgerinnen und Bürger mit ihren historischen Stätten identifizieren und sie auch besuchen und zum Beispiel beim Urlaub im Ländle auch einmal einen Abstecher zu den vielen Schlössern, Klöstern und Ruinen machen. Sie gehören schließlich allen Baden-Württembergern, die letztlich mit ihren Steuern auch für den Unterhalt aufkommen.
Ein Besuch im Ellwanger Schloss lohnt sich allemal. Schon wegen des Museums vom Geschichts- und Altertumsverein, das Vereinsvorsitzender Joachim Renschler und vor allem Kustos Eberhard Veit der Finanzministerin vorstellte. Darin steht zum Beispiel der prachtvolle Kabinettschrank mit seinen 52 Schubladen und -lädchen, eines der wenigen originalen Möbelstücke des Schlosses. Vieles andere ist im Verlauf der wechselvollen Geschichte in alle Wind zerstreut worden. Um den Kabinettschrank sachgerecht zu öffnen, wurde eigens eine behandschuhte Restauratorin einbestellt, die Sitzmann und ihrer Entourage dank ihrer Schlüsselgewalt auch einen Blick ins Innere des aufwendig gestalteten Prunkstücks gewährte.
Einen Blick in die Geschichte gewährt dagegen das Bild einer Ratssitzung des Grafen Eberhard des Milden von Württemberg (1392 bis 1417). Mitten unter den württembergischen Würdenträgern sitzt auch der Fürstpropst von Ellwangen. Reine Propaganda, sagte Hörrmann: „Das sind Fake News.“
Ellwangen sei nie in dieser Versammlung vertreten gewesen, die war viel zu unbedeutend. Die Ellwanger Fürstpröpste waren immer auch Reichsfürsten, weshalb sie sich auch fast immer aus dem Hochadel rekrutierten.