Welche Felge für welchen Radler taugt
Die meisten Felgen bestehen heute aus Aluminium – Sportlich Ambitionierte greifen zu carbonfaserverstärktem Kunststoff
(dpa) - Von der hölzernen Kutschenfelge zur aerodynamischen Felge aus Carbon: Die Felge ist ein wichtiges Detail, wenn es um die Statik und Sicherheit beim Radfahren geht. Doch welches Konzept rentiert sich für wen? Ein Überblick.
Wie man sich bettet, so fährt man – so könnte die abgewandelte Redensart für den Fahrradreifen lauten. Denn der Schlauch mitsamt dem Reifen liegt außen in der Felge. Von innen ist sie über die Speichen mit der Nabe verbunden. Als statisches Element muss die Felge großen Belastungen standhalten. Tut sie das nicht, hat man rasch den gefürchteten „Achter“im Rad – sprich: Die Felge hat sich unter den einwirkenden Kräften verbogen.
Felge und Speichen aus Holz
Damit das nicht passiert, hat sich die Zweiradindustrie im Laufe der Zeit einiges einfallen lassen. Die ersten Felgen waren 1817 vom Freiherrn von Drais wie eine Kutschenfelge konstruiert. Sie trugen die Draisine, den Urahn des heutigen Fahrrads. „Dabei handelte es sich um eine Holzfelge, die sich mit Holzspeichen auf der Nabe abstützte und mit einem Eisenring umschlossen war“, erklärt René Filippek vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC).
Mittlerweile finden sich Holzfelgen nur noch sehr selten und meist in Liebhaberhand. „Das hat dann weniger einen technischen als mehr einen nostalgischen Hintergrund“, so Filippek. Der Klassiker heute ist die mit mehreren Böden versehene Hohlkammerfelge. „Im Profil sehen die Hohlkammerfelgen wie zwei übereinandergesetzte Us aus“, sagt Christian Artmann, Fahrradtestautor für die Zeitschrift „Bike“. Im äußeren U liegen Reifen und Schlauch. Im Boden des inneren Us stecken die Speichen, ohne den Schlauch zu berühren. „Diese Felgen werden industriell gefertigt und sind mit 20 bis 150 Euro recht günstig zu haben“, so Artmann. Sie bestehen meist aus Aluminium.
„Dieses Material kam in den 1930er-Jahren als Nischenprodukt auf“, erklärt der Fahrradkonstrukteur Holger Koch, der als Autor unter anderem auf der Internetseite fahrrad-rat.de schreibt. Bis dahin bestanden Felgen aus Stahl, dem Nachfolgematerial von Holz. In den 1980er-Jahren habe sich das Aluminium dann aber endgültig durchgesetzt. „Stahlfelgen gibt es heute nur noch ganz selten. Ich schätze ihren Marktanteil auf weniger als 0,1 Prozent“, so Koch. Das Problem mit dem Stahl ist, dass er sehr schwer ist – im Gegensatz zu Aluminium: „Das Material ist leicht, günstig und vielseitig“, so Filippek. Von der einfachen, preiswerten Felge bis hin zum hochtechnisierten, teuren Leichtbaumodell könne aus Aluminium für jeden Einsatzbereich eine Felge hergestellt werden. Koch nennt einen weiteren Vorteil: die Bremswirkung. Bei der weit verbreiteten Felgenbremse drücken die Beläge auf die Flanken der Felge. Dabei entpuppt sich Aluminium als wesentlich effektiver. „Bei Nässe ist im Falle von Stahl eine Bremswirkung fast nicht vorhanden“, warnt der Fahrradexperte.
Zum Thema Sicherheit und Felgenbremse hat Koch noch einen Tipp parat: „Man sollte sich von Zeit zu Zeit den Verschleißmarker ansehen.“Das ist eine Rille, teilweise sogar eingefärbt, die die komplette Felge auf Höhe der Bremsbeläge umläuft. Ist dieser Marker nicht mehr zu sehen, ist die Felge schon so stark abgerieben, dass sie bersten kann. „Das Felgenhorn kann brechen, der Reifen sich lösen und der Schlauch platzen. Ein geübter Fahrer kann das am Hinterrad womöglich noch abfangen“, meint Koch. Beim Vorderrad könne das aber zu sehr gefährlichen Stürzen führen. Daher empfiehlt er in diesem Fall einen raschen Felgentausch.
Carbon ist empfindlich und teuer
Neben dem Klassiker, der Alufelge, gibt es noch den Ferrari unter den Felgen: Radschläge aus Kunststoff. Besonders beliebt ist der carbonfaserverstärkte Kunststoff – kurz CFK. „Carbon ermöglicht nochmals leichtere Felgen, vor allem im Rennradbereich, wo aerodynamische Felgen verbreitet sind“, sagt ADFC-Experte Filippek. „Auch beim Mountainbike findet man Carbonfelgen.“Im Alltag ergäben sie aber keinen Sinn, weil Gewicht eine untergeordnete Rolle spiele und Carbon zu empfindlich und teuer sei. Artmann ergänzt: „Die Herstellung ist sehr aufwendig, weil viel Handarbeit erforderlich ist.“Preislich lägen solche Felgen, die es häufig nur im Verbund mit Speichen und Nabe gibt, zwischen 450 und 1500 Euro.
Wer also mit seinem Fahrrad ganz normal unterwegs ist, wählt am besten den Klassiker: die Hohlkammerfelge aus leichtem, preiswertem Aluminium. Für sportlich ambitioniertere Fahrer kann es sich lohnen, einen Blick auf die hochpreisigeren, aber noch leichteren und windschnittigeren Felgen aus CFK zu werfen.