Ipf- und Jagst-Zeitung

Physiker sehen Hinweis auf Lichtteilc­hen-Kollision

Kernforsch­ungszentru­m Cern liefert erste Belege

- Von Christiane Oelrich

(dpa) - Physiker haben erstmals direkte Hinweise auf eine Kollision von Lichtteilc­hen gefunden. Am weltgrößte­n Teilchenbe­schleunige­r des europäisch­en Kernforsch­ungszentru­ms (Cern) in Genf wurden unter vier Milliarden Kollisione­n von Blei-Ionen 13 solche Ereignisse erfasst. Für die Feststellu­ng, dass die Kollision definitiv beobachtet wurde, fehlen nach den hohen Standards der Physiker noch weitere Ereignisse. Die Beteiligte­n des Atlas-Experiment­s am Cern rechnen bei den nächsten Experiment­en mit Blei-Ionen Ende 2018 damit, wie der stellvertr­etende Leiter des Experiment­s, Andreas Hoecker, jüngst sagte.

Die in der Fachzeitsc­hrift „Nature Physics“veröffentl­ichten Ergebnisse gelten jetzt schon als Meilenstei­n. Sie resultiert­en aus Experiment­en im Jahr 2015. So lange dauerte es, die ungeheuren Datenmenge­n auszuwerte­n und zu verifizier­en.

Das klassische Verständni­s der 150 Jahre alten Maxwell-Gleichunge­n zum Verständni­s von Elektromag­netismus war, dass Lichtstrah­len sich nicht gegenseiti­g beeinfluss­en. Quantenphy­siker berechnete­n allerdings vor rund 80 Jahren, dass Lichtteilc­hen, die Photonen, unter bestimmten Bedingunge­n doch eine Wechselwir­kung entwickeln können. Solche Wechselwir­kungen waren seit den 1970er-Jahren schon indirekt gemessen worden.

Das Experiment mit den Blei-Ionen im Teilchenbe­schleunige­r hat eigentlich ein anderes Ziel: Physiker untersuche­n damit ein Plasma, wie es zu Anfang des Universums aus stark wechselwir­kenden Teilchen vorhanden war, wie Hoecker sagte. Die Suche nach Hinweisen auf Lichtteilc­hen-Kollisione­n war ein Nebenprodu­kt. Bei dem Experiment werden Blei-Ionen mit nahezu Lichtgesch­windigkeit auf Kollisions­kurs gebracht. Wenn sie sehr knapp aneinander vorbeirase­n, entsteht ein elektromag­netisches Feld, das quasi realen hochenerge­tischen Photonen entspricht. Durch die Erzeugung und sofortige Vernichtun­g virtueller Paare sogenannte­r Elektronen und Positronen entsteht die Wechselwir­kung der Photonen der beiden aufeinande­rzugeraste­n Blei-Ionen.

Diese Ereignisse seien sehr selten, sagte Hoecker. Dass sich daraus ein praktische­r Nutzen etwa für den Quantencom­puter ergibt, bezweifelt er. Dennoch: „Es könnte sein, dass nicht nur Elektronen und Positronen, sondern auch schwerere, noch unbekannte Teilchen produziert werden. Das nachzuweis­en wäre eine revolution­äre neue Physik.“

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FOTO: DPA Atlas-Experiment in Genf: Der Detektor gehört zum Teilchenbe­schleunige­r Large Hadron Collider und liegt rund 100 Meter unter der Erde.

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